Frage an Jan-Marco Luczak von Marlon W. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Luczak,
Durch den Bevölkerungsboom der 1959-1967er Jahre (Babyboomer-Generation) wird in den nächsten Jahren bis Jahrzehnten ein starker Anstieg der Rente beziehenden und pflegebedürftigen Deutschen zu erwarten sein, wodurch es ein starkes finanzielles Defizit durch die verringerte verglichene Wirtschaftskraft der jüngeren Jahrgänge geben wird. Gleichzeitig ist auch eine Überlastung der Pflegekräfte zu erwarten, die ja jetzt bereits stark unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden.
Was tut die Bundesregierung, um auf mögliche Mängel in der Altersvorsorge vorzubereiten und gegen Altersarmut (die ja jetzt bereits zu Teilen besteht), sowie Missstände in der Pflege zu steuern?
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, hier Fragen zu beantworten!
Mit freundlichen Grüßen
M. Wood
Sehr geehrter Herr Wood,
ich freue mich, dass Sie sich für solch wichtige Themen wie die Altersvorsorge und die Bedeutung des Pflegeberufs interessieren. Eine gute Altersvorsorge und die Verbesserung der Pflegequalität gehören bereits jetzt zu den Grundbedürfnissen der Menschen in unserem Land. Daher gehören sie in der nachhaltigen Ausrichtung der Gesundheits-, Sozial- und Rentenpolitik zu den zentralen Leitplanken der Union.
Mit der Verabschiedung des Pflegepersonalstärkungsgesetzes im November 2018 ist uns ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung gelungen. Darin enthalten ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Krankenhaus- und Altenpflege nachhaltig verbessern.
Für Krankenhäuser bedeutet das
* eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen für jede zusätzlich aufgestockte Pflegestelle am Bett.
* eine vollständige Finanzierung von Tarifsteigerungen für Pflegekräfte durch die Krankenkassen.
* die Fortführung des Krankenhausstrukturfonds mit einem Volumen von einer Milliarde für Umstrukturierungen der Krankenhauslandschaft und Investitionen in Ausbildungszentren und IT.
* die Umstellung auf eine neue, von den sog. Fallpauschalen unabhängige Vergütung für Pflegepersonal.
* die Honorierung von pflegeentlastenden Maßnahmen durch eine entsprechende Aufstockung von bis zu drei Prozent des Pflegebudgets (davon sind auch rückwirkend Maßnahmen betroffen).
* Personaluntergrenzen.
* die Verbesserung des Alltags von Klinikpatienten. Die Unionsfraktion konnte durchsetzen, dass die Kassen künftig die notwendige Unterbringung von Angehörigen außerhalb des Krankenhauses finanzieren (z.B. im Fall von Bettenmangel oder erhöhtem Infektionsrisiko).
* ein Budget von 70 Millionen Euro zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.
Für Altenpflegeheime bedeutet das
* 13 000 vollständig von den Krankenkassen finanzierte zusätzliche Pflegestellen (5 000 mehr als im Koalitionsvertrag vereinbart).
* ein Verbot der Ablehnung von Tariflöhnen in der ambulanten Pflege auf der Grundlage von Unwirtschaftlichkeit.
* einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 12 000 Euro für jedes Pflegeheim für Digitalisierungsmaßnahmen zur Entlastung des Pflegepersonals.
* die zusätzliche Entlastung von Pflegekräften durch verbindliche Kooperationsverträge mit niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten. Das bedeutet das Ende der "Kann-Regelung".
* einen Wegkostenzuschlag für Personal, das insbesondere im ländlichen Raum weite Anfahrtswege in Kauf nehmen muss.
* den verbesserter Zugang zu Leistungen der stationären Rehabilitation für pflegende Angehörige.
* die Kostenübernahme von Taxifahrten für besonders pflegebedürftige und schwer behinderte Menschen auf Grundlage eines ärztlichen Attests, statt wie bisher auf Grundlage einer Genehmigung durch die Krankenkassen.
* ein Budget von 100 Millionen Euro zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.
Für beide Bereiche der Pflege steigt die betriebliche Gesundheitsförderung für Pflegekräfte.
Dabei wird es aber nicht bleiben, das kann ich ihnen bereits jetzt versichern. Die seit Juli 2018 tagende sog. konzertierte Aktion Pflege, in deren Rahmen fünf Arbeitsgruppen Vorschläge zur weiteren Verbesserung des Pflegeberufs erbringen, kam zu dem Ergebnis, dass wir noch mehr Personal benötigen. Hierbei geht es vor Allem um die Frage, wie wir ausländischem Fachpersonal den Zugang zum hiesigen Arbeitsmarkt erleichtern können. Gleichzeitig schlagen die Arbeitsgruppen eine weitere Verbesserung der Arbeitsbedingungen, z.B. in Form von flächendeckenden Tariflöhnen, vor. Weiter wird die Entwicklung von Mindestlöhnen und die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen beschlossen. Auch soll Pflegefachpersonal mehr Entscheidungsbefugnisse bekommen und durch Digitalisierungsmaßnahmen zusätzlich entlastet werden.
Um wiederum der von Ihnen angesprochenen Altersarmut entgegen zu wirken, wurde im Juli 2020 die vom Einkommen unabhängige Grundrente beschlossen. Weitere Aufstockungen können zu bestimmten Bedingungen (z.B. 33 Jahre Grundrentenzeit) erfolgen.
Viele der genannten Maßnahmen nehmen auch bereits auf den von Ihnen zurecht angesprochenen demographischen Wandel in Deutschland Bezug. Um die Folgen dieses Wandels klein zu halten, müssen wir weiter mutig voranschreiten, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft, und weiterhin kluge Konzepte entwickeln, wie wir ausländische Fachkräfte für unseren Arbeitsmarkt gewinnen und für unser Land begeistern können. Ich denke aber, dass wir da bereits auf einem guten Wege sind.
Hoffentlich konnten meine Ausführungen die meisten ihrer Fragen beantworten, andernfalls zögern Sie nicht, mich erneut zu kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak