Frage an Jan-Marco Luczak von Martin P. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Sehr geehrter Herr Luczak,
die sogenannten Share Deals ermöglichen es, dass Investoren beim Kauf von Immobilien in Deutschland die Grunderwerbssteuer umgehen können. Wer eine Immobilie erwirbt, um selbst darin zu wohnen, muss die Grunderwerbssteuer hingegen bezahlen. Viele empfinden das als absurde Ungerechtigkeit.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2017 wurde infolgedessen beschlossen, „missbräuchliche Steuergestaltungen mittels Share Deals zu beenden“. Bis heute blockiert die Union dies jedoch, wie zuletzt im Tagesspiegel zu lesen war.
Sie arbeiten neben Ihrem Mandat für die Wirtschaftskanzlei „Hengeler Mueller“, die laut eigener Website Investoren dabei hilft, Share Deals zur Steuervermeidung aufzusetzen (Quelle: https://www.hengeler.com/de/expertise/branchen/immobilienwirtschaft).
Ihr Arbeitgeber „Hengeler Mueller“ verdient also Geld mit eben jenen Share Deals, deren Abschaffung Ihre Partei verhindert. Sie selbst befassen sich in Ihrer politischen Arbeit mit diesen Share Deals. Wie ist eine solche Doppelrolle wie die Ihre ohne Interessenskonflikte vorstellbar? Mir fehlt dafür die Fantasie. Verstehen Sie, dass durch Ihre Nebentätigkeit das Vertrauen schwindet, dass Sie ernsthaft darum bemüht sind, Share Deals abzuschaffen?
Vielen Dank für eine Antwort und freundliche Grüße
Martin Peters
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage - zunächst möchte ich Sie um Nachsicht bitten, dass ich erst jetzt dazu komme, Ihnen zu antworten. Aufgrund der Corona-Pandemie und der anstehenden Bundestagswahl wird eine große Vielzahl von zum Teil sehr komplexen Fragestellungen von den Menschen und Unternehmen aus meinem Wahlkreis an mich herangetragen, die alle eine Antwort verdienen. Ich hoffe daher auf Ihr Verständnis, dass die Beantwortung ein wenig mehr Zeit in Anspruch genommen hat.
Zu Ihrem Anliegen: im April diesen Jahres haben wir einen Gesetzentwurf im Bundestag beschlossen, der den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umsetzt: Die Praxis hat gezeigt, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen immer wieder gelingt, durch gestalterische Maßnahmen die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen sind von erheblicher Bedeutung. Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass die durch Gestaltungen herbeigeführten Steuerausfälle von denjenigen finanziert werden, denen solche Gestaltungen nicht möglich sind. Zur Vermeidung einer übermäßigen Besteuerung bei börsennotierten Kapitalgesellschaften haben wir uns für die nun auch beschlossene Börsenklausel eingesetzt. Anteilsübergänge, die auf Grund eines Geschäfts über eine anerkannte Börse erfolgen, lösen keine Grunderwerbsteuer aus.
Mit diesen Änderungen bekämpfen wir wirksam die Steuergestaltungen der Vergangenheit. Dadurch erreichen wir, dass ein Immobilieninvestor beim Erwerb eines Kaufhauses seinen Anteil zur Finanzierung des Staatswesens genauso trägt wie die junge Familie beim Erwerb des eigenen Heimes.
Ich hätte mir gewünscht, dass unser Koalitionspartner beim Vergleich dieser zwei Fälle unserer Forderung zugestimmt hätte, einen Freibetrag für den Ersterwerb der selbstgenutzten Wohnimmobilie einzuführen. Es entzieht sich unserem Verständnis, weshalb hier der Koalitionspartner Arbeitnehmern und jungen Familien den Traum vom Erwerb des eigenen Heims nicht erleichtern will. Dafür werben wir als CDU/CSU nun in unserem Wahlprogramm.
Ich stehe hinter diesen gesetzlichen Änderungen. Ein Interessenkonflikt zu meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt sehe ich nicht, ich berate auch gar nicht in diesem Themenfeld.
Herzliche Grüße
Jan-Marco Luczak