Frage an Jan-Marco Luczak von Karl-Jürgen H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
dass der junge Mann, der sich unter dem Pseudonym „Orbit“ verbirgt, verantwortungslos verhalten hat, dürfte Konsens sein. Nur: Ob er auch die bestehenden Straftatbestände gegen Hacking und Datenhehlerei verwirklicht hat, ist wohl noch offen.
Den Medienberichten zu Folge hat er bereits frei verfügbare Daten gesammelt, ausgewertet und die Zusammenstellung veröffentlicht, um Institutionen und einzelnen Leuten zu schaden („Doxing“). Dass die Informationen auch von Hackern stammen und im Darknet zur Verfügung gestellt wurden, dürfte nicht für eine Verurteilung wegen Datenhehlerei ausreichen, sofern die Informationen schon vorher theoretisch von jedem gelesen werden konnten.
So ein Verhalten darf aber nicht Schule machen.
Was halten Sie davon, einen expliziten Straftatbestand gegen „Doxing“ einzuführen? Oder wäre das aus Ihrer Sicht zu weitgehend?
Mit freundlichen Grüßen
K. H.
Sehr geehrter Herr H.,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage zum Thema Doxxing. Ich freue mich über Ihre Anregungen und ihren Beitrag zur Diskussion, die nach dem Cyberangriff auf Politiker und Prominente seit dem Fall „Orbit“ eine neue Aufmerksamkeit erreicht hat. In einer Zeit, in der wir immer wieder mit Cyberangriffen konfrontiert sind, müssen wir auch die strafrechtlichen Rahmenbedingungen überprüfen, ob sie den aktuellen Anforderungen noch gerecht werden.
Bislang kann das Ausspähen von Daten mit einer Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren geahndet werden, während beispielsweise ein normaler Einbruchsdiebstahl bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann. Die Union fordert daher, dass der hohe Unrechtsgehalt von Doxxing im Strafmaß deutlich wird. Denn es handelt sich um schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre von Betroffenen mit weitreichenden Folgen von möglichen materiellen Schäden bis hin zu irreversiblen Verletzungen der Privatsphäre. Aus unserer Sicht muss nicht nur die Höhe der der Freiheitsstrafe angepasst werden, sondern auch die Reichweite der Vorschrift. Für die Überarbeitung der computer- und datenbezogenen Delikte und für die Schließung von Strafbarkeitslücken haben wir uns bereits während der Koalitionsverhandlungen eingesetzt. Dies ist aus meiner Sicht nach wie vor dringend notwendig. In der digitalen Welt müssen die gleichen Regeln gelten, wie in der analogen Welt. Das heißt auch, dass nicht in der digitalen Welt straffrei bleibt, was in der realen selbstverständlich geahndet wird.
Die Diskussion, insbesondere mit unserem Koalitionspartner SPD, hierzu dauert nach wie vor an. Einen Gesetzentwurf des Bundesrates zum „digitalen Hausfriedensbruch“ hat das SPD-geführte Justizministerium bislang leider nicht aufgegriffen.
Klar ist aber auch: wir alle müssen uns fragen, ob wir beim Umgang mit den digitalen Medien noch sorgfältiger vorgehen müssen, etwa bei der Verwendung von Passwörtern. Ähnlich wie in der realen Welt, wo die Wohnungstür gesichert sein muss, gilt auch in der digitalen Welt der Satz: eigene Wachsamkeit und strafrechtlicher Schutz müssen sich ergänzen.
Mit freundlichen Grüßen nach Hamburg
Dr. Jan-Marco Luczak