Frage an Jan-Marco Luczak von Renate B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Luczak,
immer mehr BürgerInnen wollen sich mehr einbringen und fordern eine Volksabstimmung auf Bundesebene.
Wie stehen Sie dazu?
Mit Interesse Ihrer Antwort entgegensehend verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
R. B.
Sehr geehrte Frau B.,
ich danke Ihnen für Ihr Interesse sowie Ihre spannende Frage zum Thema Volksentscheide auf Bundesebene. Ich bin hier skeptisch: Denn aus meiner Sicht würden zahlreiche Probleme daraus erwachsen.
Im Unterschied zu Volksabstimmungen ist das Verfahren im Parlament ein lernendes Verfahren, bei dem Kompromisse gefunden und Interessen von Minderheiten bedacht werden. Das Gesetzgebungsverfahren ist vielschichtig, thematisch tief und flexibel ausgestaltet. Es muss und kann eine kaum überschaubare Verbindung mit anderen Regelungsbereichen berücksichtigen. Dafür wird im Bundestag mit einem hohen Maß an Sorgfalt gearbeitet. Es gibt drei Lesungen, Ausschussberatungen, Anhörungen von Sachverständigen und Berichterstattern. Alle Argumente werden abgewogen.
Volksentscheide dagegen sind naturgemäß einfache „Ja-„ oder „Nein-“ Entscheidungen.
Der Komplexität vieler Sachverhalte wird dies nicht gerecht. Volksentscheide müssen viele Sachthemen daher zwingend stark verkürzen. Sie könnten auch zu populistisch beeinflussten Ergebnissen führen. Das würde insbesondere Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligte Gruppen betreffen. Volksentscheide würden dann nicht demokratieförderlich, sondern im Gegenteil demokratieschädlich sein.
Für eine gesunde Demokratie hat sich unser bestehendes System bewährt. Ich bin ein Anhänger der repräsentativen Demokratie.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt verdeutlichen konnte.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak