Frage an Jan-Marco Luczak von Susanne B. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
in Bezug auf die Causa Böhmermann schreiben die Deutschen Wirtschafts-Nachrichten am 18. April: „Das ZDF will für Jan Böhmermann bis zur letzten Instanz kämpfen. Die Kosten für den Rechtsstreit übernehmen die Gebührenzahler.“
Weshalb muss Jan Böhmermann für seinen Fehltritt nicht mit seinen eigenen Finanzmitteln einstehen wie jeder andere Bürger auch?
Und sehen Sie hier eine Veruntreuung von GEZ-Beitragsgeldern seitens des ZDF? Falls nein: warum nicht?
In gespannter Erwartung auf Ihre Antwort
Susanne Baumstark
Sehr geehrte Frau Baumstark,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Umgang des ZDF mit dem Satirestreit um Jan Böhmermann. Dieser Rechtsstreit, die Entscheidung Kanzlerin sowie der Umgang des ZDF mit dem „Schmähgedicht“ von Herrn Böhmermann werden von beinahe jedermann kontrovers und leidenschaftlich diskutiert. Leider treten dabei rechtspolitische Fakten oft in den Hintergrund.
Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Als Jurist, Rechtspolitiker und überzeugter Demokrat finde ich die Entscheidung der Bundeskanzlerin richtig. Staatspräsident Erdogan steht zurecht in der Kritik, weil er in seinem Land unrechtmäßig Einfluss auf Medien und Justiz nimmt, um missliebige Meinungen zu unterdrücken. Gerade deshalb müssen wir in Deutschland deutlich machen, dass bei uns nicht die Politik über strafrechtliche Ermittlungen entscheidet, sondern Staatsanwälte und unabhängige Gerichte. Das gehört zum Wesen unseres Rechtsstaates. Ich bin froh, dass die Kanzlerin dieses rechtsstaatliche Prinzip verteidigt, auch wenn sie dafür von einer aufgeregten Öffentlichkeit scharf kritisiert wird.
Am Ende wird also ein Gericht entscheiden, ob und wenn ja, welche Äußerungen strafrechtlich relevant sind. Das ZDF hat angekündigt, seinen TV-Moderator Jan Böhmermann in dieser Angelegenheit zu unterstützen und ihm rechtlichen Beistand zugesichert. Diese Unterstützung halte ich nicht nur für zulässig, sondern auch für geboten. Der Sender hat diesen Beitrag öffentlich ausgestrahlt und steht deshalb dafür auch in der Verantwortung. In Deutschland gilt die sogenannte Verbreiterhaftung. Für die Verbreitung von straf- oder zivilrechtlich relevanten Äußerungen kann ein Sender oder eine Zeitung auch selbst in der Haftung stehen. Insofern handelt es sich um keine Privatangelegenheit von Herrn Böhmermann, sondern um eine presserechtliche Grundsatzfrage.
Ich finde es darüber hinaus wichtig, dass sich Journalisten der rechtlichen Unterstützung ihrer Verlage und Sender im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit sicher sein können. Eine Demokratie braucht mutige Journalisten und Satiriker, die sich auch heiklen Themen annehmen. Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat hier eine besondere Aufgabe.
Auch mir gefällt nicht alles, was im öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeboten wird. Aber ich finde es wichtig, dass es etwa Nachrichten- und Satiresendungen gibt, deren Redaktionen völlig unabhängig von wirtschaftlichem Druck arbeiten können. Dazu gehört, dass Journalisten auch bei Klagen von Prominenten, Politikern oder Unternehmen entsprechend unterstützt werden. Müssten Redakteure diese Gerichtsprozesse allein aus privaten Mitteln finanzieren, riskierten sie bei kritischen und heiklen Beiträge teilweise ihre persönliche wirtschaftliche Existenz. Dies würde dazu führen, dass solche Beiträge und Berichte unterbleiben. Das wäre für eine freie und kritische Medienlandschaft und damit letztlich für die Demokratie gefährlich. Deshalb halte ich das Vorgehen des ZDF für korrekt.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort meine Sicht der Dinge näher gebracht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak