Frage an Jan-Marco Luczak von Joachim P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
wie werden Sie abstimmen, wenn es um die weitere Insolvenzverschleppung in Griechenland geht? Können Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren, daß eine chronisch kranke Währung in einem gescheiterten Land (failed State) mit Milliarden deutschem Steuergeld "gerettet" werden soll, damit griechische Oligarchen weiter in Berlin mit ihrem unversteuertem Geld Eigentumswohnungen kaufen und damit die Wohnungssituation auch in Ihrem Wahlkreis verschlechtern? Können Sie hier einem Mittelständler mit hohen Steuern oder einem jungen Menschen in die Augen schauen, nachdem Sie aus ideologischen Gründen und aus Parteiräson eine Entscheidung mit tragen, von der jeder der Beteiligten weiß, daß damit die Probleme nur verlängert und verteuert, aber nicht gelöst werden?
Folgen Sie blind einer ökonomischen Geisterfahrerin oder kehrt bei Ihnen die Vernunft und die Verantwortung zurück?
Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Pickan
Sehr geehrter Herr Pickan,
vielen Dank für Ihre Frage zu potentiellen weiteren Hilfen für Griechenland. Wir haben im Deutschen Bundestag Anfang des Jahres die Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms bestätigt. Die Regierung Tsipras hat es aber versäumt, die ihr zusätzlich eingeräumte Zeit für die Entwicklung von Alternativkonzepten zu den bisherigen Vereinbarungen zu nutzen. Ziel der jüngsten Manöver der griechischen Regierung war es, weitere Zeit zu gewinnen und in der Zwischenzeit Gelder ohne Gegenleistung in Form von Reformen zu erhalten. Und das wird es mit uns nicht geben.
Das Auszahlen von Finanzmitteln ohne ein gemeinsames Verständnis über den weiteren Weg Griechenlands ist für mich keine akzeptable Lösung. Das wäre unverantwortlich gegenüber anderen Euro-Staaten, die schmerzhafte Reformen eingeleitet haben, und ebenso unverantwortlich gegenüber dem deutschen Steuerzahler. Die europäischen und internationalen Programme können immer nur eine Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Griechenland muss sich klar und eindeutig an die getroffenen Vereinbarungen halten, überzeugende Reformen einleiten so und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Nur dann ist es überhaupt vorstellbar, dem Land weiter zu helfen. Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen.
Grundsätzlich gilt: Die Bundesregierung hat mit der Euro-Rettungspolitik auch und gerade im Interesse Deutschlands gehandelt. Europa befindet sich derzeit in einem sehr schwierigen Umfeld. Ein Blick auf die Ukraine-Krise verdeutlicht, wie fragil der Frieden leider auch auf unserem Kontinent ist. Die Europäische Union war und ist Garant für das friedliche Zusammenleben der Völker – und dieses Erbe sollten wir künftigen Generationen bewahren.
Die Euro-Rettungspolitik ist zudem im Interesse einer starken deutschen Wirtschaft und damit unserer Arbeitsplätze hierzulande. Wenn das Hilfsprogramm für Griechenland jetzt ausläuft, bleiben die Effekte auf andere Länder voraussichtlich begrenzt. Die Eurozone ist jetzt in einer wesentlich besseren Verfassung als noch vor wenigen Jahren. Mit dem europäischen Stabilitätsmechanismus ESM haben wir eine berechenbare und jederzeit handlungsfähige Institution. Auch aus diesem Grund waren die eingegangenen Verpflichtungen richtig. Denn sie haben dazu beigetragen, die Eurozone nach 2010 systemisch zu stabilisieren und damit Schaden von Deutschland und Europa abzuwenden.
Lassen Sie es mich klar formulieren: Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, unter welchen Umständen weitere Hilfszahlungen an Griechenland gezahlt werden könnten. Insbesondere das provozierende Auftreten der aktuellen griechischen Regierung und des griechischen Finanzministers empfand ich im höchsten Maße irritierend. Auch der Versuch, die Programmbedingungen einseitig aufzukündigen, hat viel Vertrauen zerstört. Ich bin ich nicht optimistisch, dass es hier eine belastbare Vertrauensgrundlage für weitere Hilfen geben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Jan-Marco Luczak