Frage an Jan-Marco Luczak von Jan F.
Sehr geehrter Herr Luczak,
am 30.01.14 wurde im Bundestag über den Antrag der Grünen zur Ablehnung des gentechnisch veränderten Mais 1507 abgestimmt. Zu meinem großen Entsetzen wurde dieser mit der breiten Mehrheit der Großen Koalition abgelehnt, so dass Deutschland sich am 11.02.14 bei der EU-Abstimmung enthalten hat. Dies kommt auf Grund des Abstimmungsprozederes einer Zustimmung zum Gen-Mais gleich.
Mir stellen sich ein paar Fragen, für deren Beantwortung ich Ihnen dankbar wäre.
1. Dem Koalitionsvertrag ist zu entnehmen: "Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an." Wieso haben Sie dann nicht für den Antrag der Grünen gestimmt?
2. Nach einer neuesten Umfrage von Greenpeace lehnen rund 88 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gentechnisch veränderte Pflanzen ab, konkret also auch die Zulassung für den Anbau des Maises 1507. Diese Werte decken sich in etwa mit vergangenen Umfragen und auch mit den Meinungen in meinem persönlichen Umfeld. Wieso stimmen Sie als gewählter Vertreter des Volkes gegen den überwiegenden Willen der Bevölkerung?
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan Freihardt
Sehr geehrter Herr Freihardt,
vielen Dank für Ihre Rückfrage zu meinem Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag.
Ihre Sorgen und Ängste in Bezug auf die Gentechnik kann ich sehr gut nachvollziehen. Sie wie auch ich und viele Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch Landwirte verbinden mit einem Anbau von gentechnisch veränderten Mais eher Sorgen als einen möglichen Nutzen. Gern möchte ich Ihnen daher im Folgenden die genauen Gründe für mein Abstimmungsverhalten näher erläutern:
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat im Bundestag einen Antrag gestellt, in dem sie die Bundesregierung auffordert, den Vorschlag der EU-Kommission zur Zulassung des Anbaus der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 abzulehnen. Diesen Antrag hat die Große Koalition am 30.01.2014 im Plenum des Deutschen Bundestages in namentlicher Abstimmung abgelehnt. Auch ich habe dagegen gestimmt.
Meine Ablehnung des Antrages der Grünen ist jedoch nicht mit der Befürwortung der Maislinie 1507 gleichzusetzen. Wie viele Bürgerinnen und Bürger stehe auch ich der Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut zurückhaltend gegenüber. Dem Antrag konnte ich dennoch nicht zustimmen, da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier nur einen sogenannten „Schaufensterantrag“ gestellt hat. Es ging nicht darum, inhaltlich Politik zu gestalten, sondern darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Darüber hinaus weist der Antrag eine Menge Unzulänglichkeiten auf: Unter anderem wurde nicht berücksichtigt, dass eine mögliche Anbauzulassung aus wissenschaftlicher Sicht sehr sorgfältig bewertet wurde. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA - European Food Safety Authority) hat insgesamt sechs befürwortende Stellungnahmen zu diesem Antrag abgegeben. Die Stellungnahme der EFSA gegenüber der Kommission können sie bei Interesse hier nachlesen:
http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/2934.htm
Auch innerhalb der Bundesregierung gab es unterschiedliche Positionen zum Umgang mit dem Anbau der Maislinie 1507. In Anbetracht der intensiv geführten Diskussionen hat sich die Bundesregierung schließlich entschieden, eine Zulassung von Genmais 1507 nicht zu befürworten, und hat sich bei der Abstimmung im EU-Ministerrat in Brüssel enthalten. Allerdings hätte auch ein deutsches Nein nicht für eine qualifizierte Mehrheit ausgereicht, um die Zulassung abzulehnen.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Koalition die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst nimmt. Wie Sie auch angemerkt haben, haben wir im Koalitionsvertrag explizit vereinbart, die Vorbehalte gegenüber der grünen Gentechnik anzuerkennen.
Darüber hinaus haben sich CDU, CSU und SPD klar für einen Schutz der Bevölkerung vor gentechnisch veränderten Lebensmitteln ausgesprochen: Die Koalition fordert u.a. die Einführung einer EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden.
Auch werden wir an der im Koalitionsvertrag vereinbarten Null Toleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln festhalten. Das deutsche Gentechnikgesetz stellt dazu bereits einen sicheren Rahmen für den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen dar und legt strenge Haftungsregeln fest. Ich bin daher der Auffassung, dass in jedem Einzelfall genau zu prüfen ist, inwiefern eine Beeinträchtigung der Umwelt oder eine Gefährdung der Verbraucher vorliegt.
Ich hoffe, Ihnen insoweit weitergeholfen zu haben. Für weitere Fragen oder Anmerkungen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak