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Jan-Marco Luczak
CDU
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Frage von Jan N. •

Frage an Jan-Marco Luczak von Jan N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Luczak,
ihre Partei trat vehement für eine Verlängerung der Laufzeiten bei den deutschen Kernkraftwerken ein und hat diese auch, ohne zusätzliche Üerberpfüung der Sicherheit, durchgesetzt. Ein Argument für den notwendigen Weiterbetrieb war immer, dass es sonst nicht genügend Strom gibt.
Nach der furchtbaren Katastrophe in Japan sollen jetzt plötzlich die Kernkraftwerke nicht mehr sicher sein und überprüft werden. Wieso wurde das nicht gemacht, bevor die Laufzeiten verlängert werden? Jetzt soll das Stromangebot nicht mehr zu kanpp sein, wenn 7 oder 8 Kernkrafwerke keinen Strom mehr einspeisen. Vor einem halben Jahr war doch nicht so viel weniger Strom da.
Ist die Überprüfung und die Aussetzung der Laufzeitverlängerung nicht blanker Aktionismus und Volksverdummung, weil demnächst Wahlen sind? Wie sieht das zukünftige Energiekonzept der CDU aus?

Mit freundlichen Grüßen

Jan Neumann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Neumann,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 16. März 2011. Ich kann Ihre Verunsicherung hinsichtlich des Moratoriums der Laufzeitverlängerung nachvollziehen.
Genauso wie Sie sehe ich mit Schrecken die Folgen des gewaltigen Erdbebens und des verheerenden Tsunamis in Japan. Viele tausend Tote sind zu beklagen. Unzählige Menschen haben ihr Zuhause verloren, ganze Städte wurden unter den Wassermassen begraben. Hinzu kommt die schreckliche atomare Bedrohung durch die Kernkraftwerke in Fukushima, die niemand so für möglich erachtet hätte. Doch es bleibt Realität: das Unmögliche ist möglich geworden.

Der wahre Schaden, den diese Ereignisse verursacht haben und vielleicht noch werden, wird wohl erst in den kommenden Wochen, wenn nicht Monaten feststehen. Ich hoffe, dass es Japan gelingen wird, die Folgen der größten Katastrophe, die dieses Land seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges getroffen hat, rasch zu überwinden. Bei der Bewältigung dieser Ausnahmesituation und beim Wiederaufbau wird die deutsche Regierung Japan mit allen Kräften unterstützen.

Wir in Deutschland werden nach menschlichem Ermessen von den Auswirkungen des Unglücks nicht direkt betroffen sein. Dennoch: Jeder spürt - die Ereignisse in Japan sind ein Einschnitt, nach dem wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können und wollen. Dies hat keineswegs mit politischem Aktionismus oder gar Volksverdummung zu tun. Die Vorgänge sind eine echte Zäsur in der Beurteilung der Frage, wie wir in unserem Land mit der Kernkraft umgehen. Das bisher nur als theoretisch angenommene Restrisiko hat sich als bittere Realität erwiesen. Der Umgang mit unbestreitbaren Restrisiken muss nun gesellschaftlich, politisch und rechtlich neu diskutiert werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat daher angekündigt, dass während eines dreimonatigen Moratoriums alle deutschen Atomkraftwerke einer erneuten Sicherheitsüberprüfung unterzogen und zudem alle deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, die vor 1980 in Betrieb genommen worden sind. Während des Moratoriums wird die Sicherheit aller deutschen Kernkraftwerke rückhaltlos und vorbehaltlos überprüft. Aspekte der Überprüfung sind unter anderem Fragen des Materials, der Erdbebensicherheit und Bodendynamik, der Notkühlung und Notstromversorgung sowie mögliche Probleme durch Hochwasser und Flugzeugabstürze oder IT-Angriffe auf die Anlagen. Dazu muss genau geprüft werden, was in Japan zu diesem schrecklichen Unglück geführt hat und welche Lehren Deutschland daraus zu ziehen hat.

Für mich ist klar, dass die Kernenergie in Deutschland eine Brückentechnologie ist. Sie muss schnellstmöglich vor allem durch Erneuerbare Energien ersetzt werden. Die Koalition hat mit ihrem Energiekonzept insofern erstmals dargelegt, wie das Zeitalter der Erneuerbaren Energien und unsere Klimaschutzziele erreicht werden sollen. Darin enthalten ist viel umfassenderer Ansatz als das rot-grüne Ausstiegsszenario. Für uns gilt aber auch in Zukunft, dass Energie auch auf dem Weg ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien sauber, sicher und bezahlbar bleiben muss.

Dem nun immer stärkeren Wunsch besorgter Bürger nach einem schnelleren Ausstieg aus der Atompolitik verschließen wir uns insofern nicht. Für die CDU ist aber auch klar, dass man nicht aussteigen kann, bevor hinreichende Alternativen verfügbar sind. Wir wollen daher einen Ausstieg mit Augenmaß. Zur Ehrlichkeit in der Debatte gehört dabei auch – was Gegner der Kernkraft gerne verschweigen – dass der Strombezug ohne Kernkraft in Zukunft teurer, schmutziger und unzuverlässiger sein wird.
Teurer, weil Stromerzeugung durch Windkraft oder Photovoltaik deutlich mehr Geld kostet als mit konventionellen Energieträgern und weil Tausende von Kilometern von neuen Stromnetzen benötigt werden, die den grünen Strom zum Verbraucher bringen. Allein für den Ausbau des Höchstspannungsnetzes werden bis 2020 knapp zehn Milliarden Euro veranschlagt, so die Berechnung der Deutschen Energie-Agentur. Die höheren Kosten sind ferner auch durch das von Ihnen erwähnte geringere Stromangebot aufgrund der vorübergehenden Abschaltung der sieben ältesten Atomkraftwerke Deutschlands bedingt.

Schmutziger, weil neue – CO? ausstoßende – Kohle- und Gaskraftwerke benötigt werden, um auf die steigende Nachfrage – etwa durch Elektromobilität – nach elektrischer Energie stets gerüstet zu sein.

Unzuverlässiger, weil Wind und Sonne am Ende trotzdem bestimmen, wie viel Strom zur Verfügung steht. Wird der derzeitige Engpass an Stromspeichern, die wind- und sonnenarme Phasen überbrücken und Schwankungen ausgleichen, nicht in den kommenden Jahren ausgeglichen, könnte auch in Deutschland Strom zu bestimmten Zeiten knapp werden. Dann würden wir von Stromimporten abhängig werden, deren Quellen wir nicht kennen und auf deren Sicherheit und Umweltverträglichkeit wir keinen Einfluss haben.

Es ist also ein gemeinsamer Weg – ein Weg mit Augenmaß und gegenseitigem Verständnis – den wir in Deutschland einschlagen müssen, um eine Energiewende schnell, sicher und bezahlbar zu vollziehen. Ich bin aber zuversichtlich: Wenn Politik und Bevölkerung dabei Hand in Hand gehen, können wir es schaffen.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan-Marco Luczak MdB

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