Frage an Jan-Marco Luczak von Franziska L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
wie viele derzeit im öffentlichen Dienst Beschäftigten, sehe ich meinen befristeten Arbeitsplatz am seidenen Faden hängen. Täglich rückt die Stunde der Entscheidung bezügl. der Anpassung des Grundgesetztes näher. Jedenfalls sollte man das meinen. Wir in den JobCentern wissen nicht, wie es nach 2010 weitergeht, die Arbeit wird mehr und nicht leichter. Den Kunden können wir keine Auskunft geben, weil man keine Information preis gibt und sich die Verantwortlichen nicht einig werden und ihre Meinungen scheinbar wahllos ändern. Nun wurde den Angestellten der BA bei einer Personalversammlung verkündet, dass die im Februar noch als sicher geltenden Verlängerungen der Arbeitsverträge bis Ende 2013 über Bord geworfen wurden.
Man fühlt sich wie ein Spielzeug. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Parteien an einem Strang ziehen wollen, um die Situation etwas aufzuklären. Man kann nicht für die Zukunft planen, da jeder seinen Job bedroht sieht.
Welche Ansätze zur Problemlösung kann man in naher Zukunft erwarten? Ist man sich im Bundestag überhaupt darüber bewusst, wie sehr dieser Zustand an den Nerven der Betroffenen zerrt?
Alle wissen, dass Hartz IV in der aktuellen Form und Ausübung der Gesetze ein Schuss in den Ofen war, aber gerade deshalb muss man doch ein Interesse daran haben, das Problem möglichst schnell und effizient zu lösen.
Mich interessiert, wie momentan an der Problembehebung gearbeitet wird und ab wann die Mitarbeiter und Kollegen bei den ARGEN wieder aufatmen können. So kann es doch nicht weitergehen. Aktuell dürfen keine Anträge über den 31.12.2010 hinaus bewilligt werden. Die JC werden unter der Last der Arbeit im Januar 2011 zusammenbrechen, das Chaos ist vorprogrammiert. Nicht auszudenken, was passiert, wenn wir, die bis 31.12.10 befristet sind, dort nicht weiter unsere Arbeit leisten können. Wer soll die Suppe dann ausbaden?
Ich hoffe, Sie können mir einige Antworten geben.
Mit freundlichen Grüßen
F. Längerich
Sehr geehrte Frau Längerich,
ich kann Ihre Verunsicherung sowie die damit einhergehende Belastung absolut nachvollziehen.
Um klare Verhältnisse für die Zukunft zu schaffen und die bewährte Hilfe aus einer Hand bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende weiter fortzuführen, werden nun seit Anfang Mai im Deutschen Bundestag zwei Gesetzesentwürfe beraten.
Der eine Entwurf beinhaltet die Änderung des Grundgesetzes mit der geplanten Einführung des neuen Art. 91e GG (Drs. 17/1554). Dieser soll die verfassungsrechtliche Grundlage sein für die weitere gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen in den Jobcentern. Diese Neuregelung ist wegen des Urteils des Bundesverfassungsgericht vom 20.12.2007 erforderlich, da das Verfassungsgericht das bisherige System als verfassungswidrige Mischverwaltung verworfen hatte.
Die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen soll der Regelfall bei der Durchführung des SGB II sein. Als Ausnahme ist ferner die Zulassung von Kommunen zur alleinigen Aufgabenwahrnehmung, den sogenannten Optionskommunen, vorgesehen.
Die Zahl der Optionskommunen soll mit der Reform von bisher 69 auf maximal 110 steigen.
Neben der Grundgesetzänderung soll zudem das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Drs. 17/1555) verabschiedet werden. Sinn und Zweck dieses Gesetzes ist unter anderem, den Beschäftigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine sichere Perspektive zu schaffen. Bei einem Wechsel der Organisationsform, von Jobcenter zur Optionskommune, gilt der Grundsatz: Das Personal folgt der Aufgabe. Das bedeutet: Falls die Aufgaben eines bisherigen Jobcenters künftig durch die Kommune wahrgenommen werden, wird auch das Personal des bisherigen Jobcenters durch die Kommune beschäftigt werden. Zudem sollen die Jobcenter eine eigene Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung erhalten.
Der Gesetzesentwurf sieht ferner vor, dass die Kommunen verpflichtet werden, mindestens 90 % des Personals der Bundesagentur für Arbeit, welches in bestehenden Arbeitsgemeinschaften tätig ist, zu übernehmen. Dies schafft Sicherheit für die Beschäftigten.
Am 6.5.2010 erfolgte die erste Beratung der beiden Gesetzesentwürfe im Plenum des Deutschen Bundestages und die Überweisung an die jeweiligen mitberatenden Ausschüsse. Die Grundgesetzänderung bedarf einer Zustimmung von zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und zwei Drittel der Stimmen im Bundesrat.
Ich unterstütze beide Gesetzesvorhaben und bin ebenso wie unsere Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen, zuversichtlich, dass die Änderungen bis zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause umgesetzt werden.
Wir, die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP sind optimistisch, dass eine Entfristung von über 3.000 Arbeitsvermittlern bei der Bundesagentur für Arbeit möglich ist. Dieses Ziel wurde in einer Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales so definiert.
Ebenso geht die CDU/CSU-Fraktion davon aus, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages die Haushaltssperre für die Entfristung der über 3000 Stellen aufheben wird.
Trotz der angespannten Haushaltslage soll zukünftig ein Arbeitsvermittler für nicht mehr als 70 Arbeitssuchende zuständig sein. Von dieser Quote erhoffen wir uns bessere Ergebnisse bei der Beschäftigungsvermittlung.
Ich hoffe, dass die Informationen Ihnen eine klarere Vorstellung über die zukünftige Situation vermitteln konnten und ebenfalls eine gewisse Zuversicht für die weitere Zukunftsplanung liefern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak MdB