Frage an Irene Mihalic von Lutz D. bezüglich Umwelt
Hallo, Frau Mihalic, Ihre Partei setzt sich für Tiere und Umwelt ein. Essen Sie selbst Fleisch und wenn nein, wie stehen Sie dazu, daß sich der Vorsitzende Ihrer Partei, der Herr Hofreiter, in Interviews damit brüstet, gern ein leckeres Steak zu essen? Finden Sie es als Grüne richtig, daß hochentwickelte, empfindungsfähige Säugetiere für den Genuß satter Mitteleuropäer das Leben lassen müssen?
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Ich bin sehr froh, wenn sich Menschen bei mir melden, für die der Schutz der Tiere genauso ein starkes Anliegen ist wie für mich. Und es freut mich umso mehr, wenn sie aus meinem Wahlkreis, meiner Heimatstadt Gelsenkirchen kommen.
Herrn Hofreiter kenne ich seit vielen Jahren persönlich gut. Er ist einer der engagiertesten Vertreter für Tierschutz und artgerechte Tierhaltung und für Landwirte, die ihre Tiere artgerecht halten wollen. Und er setzt sich ebenso entschieden für die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher ein. Ebenso ist er ein konsequenter Gegner der in Deutschland dominierenden industriellen Massentierhaltung. Zu diesem Thema hat er kürzlich auch ein Buch veröffentlicht: http://rhspecials.randomhouse.de/microsites/lp/riemann_hofreiter/
Ich selbst bin Vegetarierin aus Gründen des Tierschutzes. Aber nicht alle hier in der Grünen Fraktion sind Vegetarier oder Veganer. Wir sind eben keine "Verbotspartei" - wie uns das viele 2013 in der Veggieday-Debatte nachsagen wollten. Nein, jeder muss das für sich allein entscheiden. Was mir aber wichtig ist, wen es um Fleischkonsum geht, ist, dass die Tiere artgerecht gehalten wurden und nicht aus tierquälerischer Massentierhaltung stammen. Dagegen setzen wir uns in der Grünen Bundestagsfraktion, mit Anton Hofreiter an der Spitze, leidenschaftlich ein. Deshalb sind für mich der Genuss eines Steaks von Tieren aus artgerechter Haltung und der konsequente Einsatz gegen tierquälerische Massentierhaltung und für mehr Tierschutz auch kein Widerspruch - auch wenn ich persönlich auf Fleisch verzichte. Wir Grüne haben ein Konzept erarbeitet, wie es gelingen kann aus der industriellen Massentierhaltung auszusteigen und so entscheidend zum Tierschutz und damit nicht zuletzt auch zum Umwelt- und Verbraucherschutz beizutragen. Dies haben wir auch in unserem Wahlprogramm verankert, denn das ist genau die Richtschnur, das Fundament unserer politischen Ziele und konkreten Forderungen mit der/denen wir in den Bundestagswahlkampf ziehen und wenn es die Wahlergebnisse ermöglichen auch in Koalitionsverhandlungen gehen. Aber wieviel Grüne Politik im Parlament oder vielleicht in einer neuen Bundesregierung steckt, hängt ganz allein vom Wählerwillen ab. Der Proporz entscheidet über den Einfluss auf die politische Grundausrichtung in diesem Land. Das muss man so deutlich sagen.
Ich bin vor 11 Jahren zu den Grünen in Gelsenkirchen gekommen, weil ich mich für Umwelt- und Klimaschutz - und als Tierliebhaberin - natürlich auch für Arten-und Tierschutz engagieren wollte. Mittlerweile sitze ich für die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen im Bundestag und bin hier mit meinen 20 Jahren Berufserfahrung im Polizeidienst Sprecherin für Innenpolitik.
Nichts desto weniger liegen mir Umwelt-, Arten- und Tierschutz nach wie vor sehr am Herzen. Ich bin immer wieder fassungslos über Meldungen darüber, was den Tieren weltweit aus Profitinteressen, Irrglauben, Gleichgültigkeit, etc. widerfährt. Deshalb engagiere ich mich auch in einem (relativ neuen) fraktionsübergreifenden Parlamentarierkreis Tierschutz. Hier sind neben den FachpolitikerInnen zum Thema Tierschutz auch Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen aktiv, deren eigentliches Fachthema nicht direkt der Tierschutz ist, sie aber großes Interesse daran haben. Ich finde, es ist auch bitter nötig, das sich mehr Mitglieder des Deutschen Bundestages für den Tierschutz einsetzen. Vor allem die CDU/CSU hat hier großen Nachholbedarf. Denn gerade in Sachen Tierschutz ist das, was aus deren Reihen von deren Fachpolitikern kommt, eine absolute Katastrophe. Da geht es nie um den Schutz der Tiere sondern vielmehr um den Schutz der industriellen Landwirtschaft. Aber auch das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium ist in meinen Augen (und in den Augen aller meiner Kolleginnen und Kollegen in der grünen Bundestagsfraktion!) eine blanke Interessenvertretung der Agrargroßindustriellen und alle, die tierquälerische Massentierhaltung betreiben und davon profitieren. Für diese ist jede noch so kleine Verbesserung in Richtung Tierwohl/Tierschutz immer mit Kosten verbunden (zumindest geben sie das vor!) und diese schmälern dann ihren Gewinn. D.h. hier wird man nie auf Freiwilligkeit setzen können, wenn man wirklich das Leid der Tiere in unseren Ställen beenden will. Die CDU/CSU lehnt fast jede Gesetzesinitiative im Sinne des Tierschutzes ab und das Landwirtschaftsministerium unter Minister Schmidt sieht sich nicht in der Lage mehr für das Wohl der "Nutztiere" zu tun.
Leider scheitern wir Grüne nahezu mit jeder parlamentarischen Initiative zu Umwelt-, Klima-, Natur-, Arten- und Tierschutz an den Mehrheiten der Koalition von CDU/CSU und SPD. Hoffentlich ändert sich das mit der Bundestagswahl im September. Es würde mich freuen, wenn Sie da an unserer Seite kämpfen - auch wenn nicht alle Grüne auf ihr Steak verzichten wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Irene Mihalic