Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Peter S. •

Wie stehen Sie nun zur Atomkraft?

Sehr geehrte Frau Nestle,meine Frage mag Ihnen provokant vorkommen, aber ich möchte eine Eindeutige Aussage von Ihnen bekommen wie Sie zum Atomstrom stehen. Ich glaube Sie wissen besser als ich, dass Sie ein Teil der Anti Atom Bewegung waren, es gibt noch heute Videos im Netz wie Sie sich vor knapp 15 Jahren absolut gegen die Atomkraft stellen. Wie passt das zu Ihren Aussagen, die Sie in diesem Jahrzehnt im Bundetrag getroffen haben? Sie echauffieren sich darüber, dass wir von unseren Nachbarländern nicht genug Strom erhalten und somit in Energie Knappheit kommen. Hintergehen Sie damit nicht die Wähler, welche die Anti Atom Ingrid Nestle gewählt haben? Oder ist das viele mehr ein Eingeständnis, dass wir für Energie Unabhängigkeit die Kernkraft benötigen? Ich wünsche mir von Ihnen als Antwort eine klare Positionierung zur Atomkraft. Benötigen wir Atomkraft in Deutschland (egal ob deutsche Kernenergie oder aus dem Ausland)?

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr S.,

die Atomkraft halte ich wegen der potentiell dramatischen Sicherheitsrisiken für keine gute Technologie zur Stromerzeugung. Mittlerweile hat diese Frage für die deutsche Debatte aus meiner Sicht aber auch nur noch theoretischen Wert. Denn die alten Atomkraftwerke befinden sich bereits im Rückbau, sie können nicht reaktiviert werden. Und der Bau neuer Atomkraftwerke würde Jahrzehnte dauern und den Strom dann deutlich teurer produzieren als ein stimmiges Gesamtsystem mit erneuerbaren Energien. Wir brauchen dringend Ersatz für abgängige Kraftwerke und können es uns wirklich nicht leisten auf eine Technologie zu setzen, die erst so spät zur Verfügung stehen würde. Zur Einordnung: Alle drei in Europa im Bau befindlichen oder vor kurzem fertiggestellten Atomkraftwerke sind gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan mindestens 10 Jahre verzögert. Es hat also nicht 10 Jahre gedauert, sie zu bauen, sondern sie werden mindestens 10 Jahre später fertig als gedacht - mit Kostenexplosionen während der Planungs- und Bauphase. Atomenergie ist in Deutschland derzeit vor allem eins: ein ständiger Debattenbeitrag derjenigen, die von Technik wenig verstehen und irgendwie gegen alles andere sein wollen.

Sie schreiben, dass ich mich im Bundestag echauffiert hätte, dass die Nachbarländer zu wenig liefern. Es kursiert ein Ausschnitt einer Bundestagsrede von mir im Internet, aus dem Zusammenhang gerissen und so falsch kommentiert, dass am Ende das Gegenteil von dem herauszukommen scheint, was ich tatsächlich gesagt habe. Ich vermute jetzt einfach, dass Sie sich in Ihrer Frage darauf beziehen. Ich habe damals darauf hingewiesen, dass das Beispiel Frankreich zeigt, dass Atomenergie eben keine Versorgungssicherheit gewährleisten kann. Denn durch zeitlich nahe gelagerte Probleme mit Kühlwasser und in Serie auftretenden technischen Schwierigkeiten an ihren Atomkraftwerken konnte Frankreich den Black-Out damals nur dank der Hilfe der Nachbarländer verhindern. Selbstverständlich haben wir die Hilfe gerne geleistet, auch wenn zu dem Zeitpunkt Putin im Zuge seines brutalen Angriffskriegs gegen die Ukraine bei uns den Gashahn zugedreht hat und wir viele Herausforderungen gleichzeitig meistern mussten. Zum Glück ist es auf dem europäischen Strommarkt eine Selbstverständlichkeit, dass die Länder sich untereinander aushelfen.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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