Warum wurde das Merit-Order-Prinzip in Deutschland nicht wie in Spanien abgeschafft?
Durch den Krieg ausgelöste Zufallsgewinne verursachen gerade bei der Stromerzeugung und bei Öl hohe Kosten für Verbraucher. Wir haben das früh kritisiert und mit den Ampel-Partnern vereinbart, dass diese Zufallsgewinne abgeschöpft werden und das Geld an die Kunden zurückgegeben wird.
Im Stromsektor stellen die Erneuerbaren Energien erfreulicherweise inzwischen den größten und günstigsten Anteil unter den Energiequellen. Wir haben deshalb als Grüne schon bei der letzten EEG-Reform für sogenannte Differenzverträge gekämpft: Diese sichern einerseits Erneuerbare auch bei Preisstürzen gegen Insolvenz und andererseits Verbraucher gegen hohe Preise ab. Sie schaffen also verlässliche Investitionsbedingungen, um den Ausbau der günstigen Erneuerbaren endlich wieder schnell voranzutreiben, und verhindern andererseits, dass diese bei weitem größte Erzeugergruppe durch den Krieg Zufallsgewinne mitnehmen kann. Diese Regelung ist am massiven Widerstand der FDP gescheitert. Allein in diesem Jahr belaufen sich die Zufallsgewinne bei den Erneuerbaren auf über 20 Milliarden Euro.
Derzeit arbeitet die Regierung deshalb an alternativen Wegen, wenigstens einen Teil der Zufallsgewinne bei Erneuerbaren, Kohle und Atom abzuschöpfen und das Geld an die Kunden in Form einer Strompreisbremse zurückzugeben: Sie können dann eine Basisversorgung zu günstigeren Preisen nutzen. Damit die Motivation zum Energiesparen bleibt, greift ab einem gewissen Verbrauch der Marktpreis. So sollen die Stromkosten insgesamt sinken.
Dies ist der bessere Weg als die Abschaffung der Merit Order. Diese ist übrigens das grundlegende Prinzip in fast allen Märkten und nicht per Gesetz eingeführt worden. Sie ist der entscheidende Mechanismus, damit flexible Verbraucher wie Wasserstoffproduktion, flexible Industrieprozesse und Wärmepumpe auf die Verfügbarkeit von Wind und Sonne reagieren können. Es hat bisher niemand ein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie die Einsatzzeiten der vielen Millionen flexiblen Erzeuger und Verbraucher in Deutschland ohne Merit Order sinnvoll koordiniert werden sollen.
Auch Spanien hat sie übrigens nicht abgeschafft:
Auch in Spanien werden, ebenso wie hierzulande, nach wie vor die günstigsten Kraftwerke bevorzugt zugeschaltet, um den Strombedarf zu decken. Das Prinzip der Merit Order gilt also nach wie vor. In Spanien wird jedoch das Geld, das Gaskraftwerke über derzeit 40€/MWh hinaus beim Gaseinkauf bezahlen müssen, vom Staat übernommen. Somit wird das Gas, das in Gaskraftwerken zur Stromgewinnung verbrannt wird, mit Steuergeld subventioniert.
Dadurch sinkt der Strompreis, den die Verbraucher zahlen müssen. Allerdings nicht nur das: Der Gasverbrauch der spanischen Kraftwerke stieg auch stark an, unter anderem, weil nun günstiger, spanischer Strom aus Gas auch in Portugal kräftig nachgefragt wurde. Dieses spezielle spanische Modell funktioniert also nur deshalb einigermaßen, weil Spanien und Portugal eine Halbinsel bilden und in den restlichen europäischen Strommarkt nur bedingt eingebunden sind. Für Deutschland ist es keine sinnvolle Option.