Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin H. S. •

Warum kein Net-Metering für PV-Kleinanlagen in D ?

Hallo Frau Nestle,
Ihre Einstellung zum Thema ist für mich nur schwer nachvollziehbar, denn eine Ungleichbehandlung kann ich nämlich nicht erkennen. BKW-Investoren und überzeugte Solarfans würden im Prinzip zwar begünstig, aber die Bürger ohne BKWs und Nicht-Investoren leisten weder einen Betrag noch hätten sie Nachteile. Bedenken Sie auch, dass Net-Metering auch heute schon möglich ist, denn es ist nicht verboten, oder? Der erste Anbieter wird einen Wettbewerbsvorteil haben. Sie täten gut daran, als Lokführer zu agieren und nicht als Bremser. Mit dem Heizungsmurksgesetz haben die Grünen schon reichlich Federn gelassen, punkten Sie doch mal mit einer Initiative, die quasi keine Steuergelder kostet, dann klappt es auch mit den Wählerstimmen ;-)

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.

tatsächlich arbeiten wir gerade daran, mit dem Solarpaket 1 das Net-Metering für Balkonanlagen für eine Übergangszeit zu ermöglichen. Net-Metering ist aber kein guter Ansatz für 100% erneuerbare Energien. Denn die Umstellung auf sauberen Strom hat viel mehr Elemente als nur die Erzeugung von erneuerbarem Strom. Da die kostengünstigen und wetterabhängigen Technologien Wind und Solar in einer bezahlbaren Stromversorgung der Zukunft den Löwenanteil des Stroms liefern werden, ist es unter anderem wichtig, dass die Verbraucher sich stärker als bisher zeitlich an der Verfügbarkeit von Wind und Sonne orientieren. Selbstverständlich gilt das nur für den Teil des Stromverbrauchs, der sich zeitlich leicht verschieben lässt. Also zum Beispiel anteilig Heizen und Kühlen, E-Auto, Wasserstoffproduktion, Befüllung von Speichern und Ähnliches. Damit die Verbraucher sich sinnvoll an der Verfügbarkeit von Wind und Sonne orientieren können brauchen sie Preissignale. Diese Preissignale geben den Hinweis, wann Strom reichlich zur Verfügung steht und wann er knapper ist. Diese Preissignale gehen aber beim Net-Metering komplett verloren.

Oder einfacher gesagt: Der Ausbau der Solarenergie geht gut voran. Schon jetzt haben wir im Sommer tagsüber oft über 100% erneuerbare Versorgung. Zeiten, in denen es genug sauberen Strom gibt. Es ist wichtig, dass viele Menschen auch dann Strom nutzen. Wer eine Solaranlage installiert, den Strom dann aber abends zum Laden seines E-Autos nutzt, kann nicht erwarten diesen Strom "kostenlos" aus dem Netz zu ziehen, auch wenn er mittags ins Netz eingespeist hat. Das funktioniert einfach nicht bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien. Die Länder, in denen das Net-Metering gut geklappt hat, waren noch bei sehr viel niedrigeren Anteilen von Sonnen- und Windstrom.

Deshalb kann das Net-Metering eine nette Option sein für eine Übergangszeit, aber eben kein gutes Grundkonzept für 100% erneuerbare Energien. Dafür arbeiten wir.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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