Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Volker K. •

Sind die erneuerbaren Energien aus Wind und Fotovoltaik grundlastfähig?

Sehr geehrte Frau Dr. Nestle,
Sie haben in Ihrer Bundestagsrede zur Energiesicherheit festgestellt, daß die franz.Atomkraftwerke nur mit verminderter Leistung laufen und Deutschland zwecks Energiesicherheit aber darauf angewiesen ist. Gleichzeitig fordern Sie den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien bzw. zeigen auf, was die Bundeseregierung auf den Weg gebracht hat. Meine Fragen:
1. Sind die erneuerbaren Energien aus Wind und Fotovoltaik grundlastfähig?
2. Was ist besser, eine eigene autharke Energiestruktur zu haben oder auf andere angewiesen zu sein?
3. Wer war die treibende Kraft, die Energieautharkie bestehend aus Atom-, Gas,- und Kohlekraftwerke abzuschaffen?
4. Welchen CO2 -Fußabdrucl hinterlässt die Anlieferung von LNG per Schiff gegenüber Pipline-Gas?
5. Welche ökologischen Folgen haben die Chlorspülungen der LNG- Tanker auf die Umwelt?
6. Wie gedenken sie die Grundlastfähigkeit der Energieversorgung kurzfristig zu sichern?

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,     

Tatsächlich habe ich in der Rede damals nicht gesagt, dass Deutschland auf den Atomstrom aus Frankreich angewiesen sei. Das wird von Akteuren, die daran ein Interesse haben, falsch dargestellt. Der Redeausschnitt, der zur Zeit in den Sozialen Medien kursiert, ist aus dem Kontext gerissen und meist mit falscher Überschrift oder falschen Kommentaren versehen. Es handelt es sich um eine Rede in der Aktuellen Stunde zum Thema „Energiesicherheit“ vom 28.08.2022 im Deutschen Bundestag.

In Wirklichkeit habe ich nicht darauf hingewiesen, dass Deutschlande auf Atomstrom aus Frankreich angewiesen sei - ich habe ganz im Gegenteil darauf hingewiesen, dass wir in der sehr angespannten Lage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sogar noch die Versorgungssicherheit Frankreichs bei Strom gerettet haben. Denn Frankreich war - gerade weil sie auf Atom gesetzt haben - nicht in der Lage diese selbst zu gewährleisten.

Tatsächlich kamen in jenem Sommer drei große Herausforderungen für die Stromversorgung in Europa zusammen, die ich in dieser Rede angesprochen habe:

               1.    Der russische Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrieg gegen Europa

               2.    Die durch die Klimakrise schlechte Verfügbarkeit der Wasserkraft

               3.    Die schlechte Verfügbarkeit der Atomkraft in Frankreich

Im Sommer 2022 waren in Frankreich 27 von 56 Atomkraftwerken außer Betrieb. Ursache war zum einen der schlechte Zustand der Kraftwerke, von denen 1/3 ihre Lebensdauer von 40 Jahren überschritten haben. Folge sind Korrosion in Leitungssystemen und Belastungsschäden in den Reaktorbehältern selbst. Ein anderer Punkt war die durch den heißen Sommer geringere Kühlleistung der Flüsse, so dass viele Kraftwerke vom Netz gehen mussten. Frankreich war im Jahre 2022 10 Monate lang Nettostromimporteuer. Die Stromknappheit in Frankreich führte zu dort deutlich höheren Strompreisen als in Deutschland. Es gab Appelle der französischen Regierung zum massiven Stromsparen. In dieser Zeit exportierte Deutschland substanziell Strom nach Frankreich. Ein gelebter Akt europäischer Solidarität.

Das Konzept "Grundlast" stammt aus der alten Welt der Energieversorgung. Schon heute brauchen wir keine Grundlastkraftwerke mehr, sondern flexible Kraftwerke zur Ergänzung von Strom aus Wind und Sonne, der mittlerweile am kostengünstigsten ist. Auch die Unabhängigkeit vom Ausland können wir durch erneuerbare Energien deutlich erhöhen gegenüber Gas, Kohle und Atom.

2021 basierte die Energieversorgung auf fast 70% Importen. Der Wert der Energieimporte lag 2021 bei 104 Mrd. Euro.

Ein genereller Vergleich der Umweltbilanz von Gas aus Pipelines und LNG ist nicht möglich, da sie sich bei beiden nach Lieferländern deutlich unterscheidet. Mit Sicherheit kann ich Ihnen sagen, dass die Umweltbilanz des russischen Pipeline-Gases deutlich schlechter war als zum Beispiel des norwegischen Pipeline-Gases.

Das Thema Chlor im Zusammenhang mit der Reinigung eines Tankers möchte ich auch gerne beenden. Es wurden Mittel bereit gestellt, um soweit möglich von Reinigung mit Chlor auf Ultraschall umzustellen.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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