Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Nils H. •

Moin, sind Sie und/oder die Grünen nur auf E-Mobilität fixiert oder gibt es reale Zielsetzungen für andere Krafstoffe (Wasserstoff/E-Fuels) um die Energiewende im Verkehrssektor voranzutreiben? Danke

Guten Tag Frau Nestle,
Danke erst einmal, dass Sie sich die Zeit nehmen Fragen zu beantworten. Ich frage mich ob es in einer hoffentlich nicht allzu entfernten Zukunft möglich ist alle E-Autos ziemlich zeitgleich abends nach Feierabend zu laden? Das sind ja ziemliche Stromspitzen zu denen nicht unbedingt alle erneuerbaren Energiequellen zur Verfügung stehen, aufgrund der Tageszeit oder weil diese noch nicht genug ausgebaut sind. Außerdem haben sich alle deutschen Autobauer auf E-Autos fixiert. Planen Sie deshalb andere alternative Kraftstoffe auch voranzutreiben, wenn ja wie? In Bezug auf Automobilhersteller, Infrastruktur der "Tankmöglichkeit" und vielleicht Forschung in die Richtung?
Vielen Dank für die Antwort

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr H.

 

Sie haben ganz richtig bemerkt, dass die Entscheidung im Pkw-Bereich bei den großen Autoherstellern schon für das E-Auto gefallen ist. VW-Vorstandsvorsitzender Diess hat das kürzlich in einem öffentlichen Video noch einmal begründet. Er beschreibt, dass die Betriebskosten eines Wasserstoffautos auf Dauer drei mal höher bleiben werden, da man etwa drei mal so viel Strom braucht, um daraus den Wasserstoff für die gleiche Strecke Autofahren herzustellen. Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, wären noch teurer und Biokraftstoffe sind einfach zu knapp, um sie in Pkw zu verfeuern, bei denen mit direkter E-Mobilität eine akzeptable Lösung vorliegt. 

 

Neben elektrischen Antrieben wird Wasserstoff eher im schweren Nutzfahrzeugbereich benötigt sowie in der Industrie und für die Versorgungssicherheit mit Strom an den wenigen schwierigsten Tagen im Jahr. E-Fuels wollen wir zunächst für den Luftverkehr verwenden, der auch weiterhin auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein dürfte. Die kleineren Mengen, die bei der Herstellung nicht als Kerosin sondern als Diesel anfallen, werden außerhalb des Pkw-Bereichs noch dringlichere Einsatzfelder finden. 

 

Die Sicherstellung der nötigen Kapazitäten im Stromverteilnetz ist in der Tat ein wichtiges Thema, um das sich diese Bundesregierung viel zu wenig gekümmert hat. Es ist ein Problem, wenn eine Regierung zwar Energiewende sagt und macht, diese aber eigentlich gar nicht so richtig will und sich nicht angemessen kümmert. So hat sie bisher außer mit Geld die Entscheidung der Autoindustrie für E-Mobilität kaum unterstützt, gerade in so wichtigen aber eben auch etwas mühsamen Bereichen wie den notwendigen Rahmenbedingungen für das Stromverteilnetz. Die einzige geplante Regelung in dem Bereich, eine Verordnung zu §14a EnWG, hat sie sogar nach jahrelanger Arbeit aller beteiligter Akteure in letzter Sekunde ersatzlos gekippt und bis zum Ende der Legislatur keinen Vorschlag mehr vorgelegt. 

 

Es ist aber nicht notwendig, dass alle E-Autos nach Feierabend gleichzeitig laden. Ganz im Gegenteil, künftige intelligente Steuerungssysteme werden dafür sorgen, dass die E-Autos teilweise über die Nacht verteilt laden, eine Zeit in der sonst wenig Nachfrage nach Strom ist. Ein Teil der Ladevorgänge wird auch gerade im Sommer tagsüber am Arbeitsplatz stattfinden, wenn viel Sonnenstrom im Netz ist und die Abnahme vor Ort das Stromnetz sogar entlastet und nicht belastet. Leider ist der Einsatz von intelligenten Zählern und tatsächlich intelligent eingebundenen Ladepunkten ein weiteres Thema, um das sich diese Bundesregierung viel zu wenig gekümmert hat. Genauso wie um die richtigen Rahmenbedingungen am Strommarkt. Denn derzeit ist es gar nicht attraktiv, auf die Verfügbarkeit von Wind und Sonne zu reagieren. Hier haben wie einen detaillierten Vorschlag vorgelegt. 

 

Ohnehin bereits am Haus parkende E-Autos könnten sogar als Speicher eingesetzt werden, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend geändert werden. Und natürlich können diejenigen Autofahrer, die dringend weiter wollen, jederzeit sofort laden - solange die flexiblen Ladevorgänge eben auch flexibel in entspanntere Zeiten geschoben werden. 

 

Weitere Infos zu unseren Positionen finden Sie in den folgenden (abgelehnten) Anträgen, dem Strategie-Papier und den Aufzeichnungen von unseren Veranstaltungen zum Thema Verteilnetz und E-Mobilität vom vergangenen September bzw. Spitzenglättung:

https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/099/1909954.pdf>

https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/160/1916048.pdf

https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet/ein-kluger-antriebsmix-fuer-die-verkehrswende

https://www.gruene-bundestag.de/termine/stromverteilnetz-20-e-mobilitaet-flexible-tarife#m-tab-0-programm

https://www.youtube.com/watch?v=P8ZQVFbh7fI

https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-strommarktdesign.pdf

 

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Nestle

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