Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Claudia P. •

Frage an Ingrid Nestle von Claudia P. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte Frau Nestle,

wie stehen Sie zur Volksabstimmung? Ich als Bürger möchte dies gerne im Grundsatzprogramm verankert sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau P.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema direkte Demokratie.
Die direkte Beteiligung und Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ist uns Grünen seit jeher ein wichtiges Anliegen. Eine Demokratie lebt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger sich aktiv einbringen und mit den vielen Themen unserer Gesellschaft auseinandersetzen. Eine Demokratie braucht Einmischung, Repräsentanz, Lust zur Auseinandersetzung und Kompromissfähigkeit. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür ein, dass die Bevölkerung intensiver in die Gestaltung der politischen Agenda einbezogen wird.
Sie sprachen in Ihrer Anfrage gezielt das neue Grundsatzprogramm an. Dieses wurde mittlerweile basisdemokratisch von den grünen Parteimitgliedern mitgestaltet und im November verabschiedet. Hierbei hat sich eine Mehrheit für die Etablierung von Bürger*innen-Räten ausgesprochen. Mit diesen soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von zufällig ausgewählten Bürger*innen noch direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Bürger*innen-Räte können nach unserer Vorstellung auf Initiative der Regierung, des Parlaments oder als Bürgerbegehren, also von unten aus der Bevölkerung heraus zu einer konkreten Fragestellung eingesetzt werden.
Ich unterstütze diese Form der direkten Demokratie, da sie eine gute Möglichkeit darstellt, die vielfältigen Meinungen in unserer Gesellschaft in den politischen Diskurs transparent aufzunehmen. Gleichzeitig kann über das Auswahlverfahren eine faire Repräsentation verschiedener Gruppen, wie Frauen oder Minderheiten, gewährleistet werden. Diese Vielfältigkeit ist eine enorme Chance für unsere Demokratie, die bisher noch nicht optimal ausgeschöpft wird. Zusätzlich erhöhen Bürger*innen-Räte die Legitimation politischer Beratungen, da sie ist transparent und in eine breitere gesellschaftliche Debatte eingebettet sind.
Meiner Meinung nach sprechen viele Argumente für diese Form der direkten Demokratie, die bereits erfolgreich in anderen Staaten eingesetzt wird. Bürgerentscheide haben sicherlich auch viele Vorteile. Ich kann die Entscheidung der Partei dennoch gut mittragen. Gerade in jüngerer Zeit wurden Bürgerentscheide meiner Wahrnehmung nach verstärkt zur Spaltung unserer Gesellschaft missbraucht, wie zum Beispiel bei der Kampagne zum Brexit zu beobachten war. Formate direkter Demokratie sollten gewährleisten, dass alle Stimmen gehört werden und Einzug in den Prozess erhalten. Nicht nur die lautesten Stimmen. Bei Bürgerentscheiden drohen viele Meinungen nicht gehört zu werden, da sie häufig auf Entweder-Oder-Entscheidungen hinauslaufen.
Ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft einen sachlicheren Umgang mit den sozialen Medien und eine höhere Resilienz gegen Hass-Kampagnen sowie Falschmeldungen entwickeln und wieder verstärkt ins Gespräch kommen.

Mit freundlichem Gruß
Ingrid Nestle

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