Frage an Ingrid Nestle von Thomas M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Nestle,
in 18 europäischen Ländern gibt es bei der Organspende das Gesetz der Widerspruchslösung : Jeder ist Spender & wer nicht spenden will, kann widersprechen. In Deutschland gilt die Entscheidung & hier sterben bei der momentanen Gesetzeslage jedes Jahr über 1000 Menschen die auf der Warteliste stehen. Man wartetet in Deutschland z.B. auf eine Niere 7- 10 Jahre & in Spanien oder Österreich dagegen nur 1 Jahr, weil es dort die Widerspruchslösung gibt !
Dort gibt es ein System in dem die Krankenkäuser gestärkt werden & genügend Geld für Transplantationsbeautragte zur Verfügung gestellt.
Ich fühle mich als Betroffener in Deutschland benachteiligt - gegenüber den 18 Ländern mit Widerspruchslösung ! Wenn ich als Deutscher nach Holland, Frankreich, Spanien,Österreich,Ungarn reise, dann gelte ich dort als Organspender - weil ich in Deutschland nie widersprechen müsste.
Was sagen sie zur Widerspruchslösung ?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und die damit verbundene Frage.
Die parlamentarische Debatte zum aktuellen Vorschlag von Minister Spahn befindet sich noch ganz am Anfang. In diesem Sinne betrachte ich meine Meinungsfindung noch nicht als abgeschlossen. Denn der Sinn der intensiven Beratungen im Bundestag liegt ja genau darin, dass wir den Wert der verschiedenen Argumente sorgfältig abwägen.
Die Regelungen zur Organspende berühren sehr grundlegende Persönlichkeitsrechte und deshalb bin ich dankbar darüber, dass die Debatte im Bundestag offen und nicht entlang der Fraktionsgrenzen geführt wird. Ohne aktive Einwilligung zum Organspender zu werden, ist eine Zumutung. Andererseits können durch die Organe Menschenleben gerettet werden, und das spricht für sich. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass die Einführung einer Widerspruchslösung auch in Deutschland sinnvoll sein kann. Allerdings finde ich, dass alle anderen Möglichkeiten die Spenderzahl zu erhöhen, vorher oder zumindest ebenfalls ausgeschöpft sein müssen. Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen liegt der Rückgang an verfügbaren Organen in der letzten Zeit nicht an einer verringerten Spendenbereitschaft sondern an organisatorischen Problemen.
Transplantationsbeauftragte in deutschen Krankenhäusern müssen stärker als bislang von weiteren Pflichten entbunden werden, um potenzielle Organspender rechtzeitig zu erkennen und zu melden. Außerdem brauchen wir eine höhere finanzielle Entschädigung der Kliniken für Organspenden, sodass die entstehenden Kosten entsprechend gedeckt werden können.
Darüber hinaus wäre die Voraussetzung, dass Widerspruch jederzeit unkompliziert und unbürokratisch möglich sein muss. Eine Beachtung des Widerspruchs müsste in jeder Situation verlässlich sichergestellt sein.
Mit besten Grüßen
Ingrid Nestle