Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Matthias M. •

Frage an Ingrid Nestle von Matthias M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Nestle,

wie stehen Sie zur Idee des bedingungslosen Grundeinkommens?

mit freundlichen Grüßen

Matthias Magg

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Magg,

ich halte das bedingungslose Grundeinkommen für ein interessantes Konzept, das sich zu diskutieren und weiterzudenken lohnt.
Den Gedanken, dass jeder Mensch ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft hat, finde ich absolut richtig. Im Moment ist dieses Recht auf Teilhabe nicht für jeden Menschen in Deutschland gesichert. Denn unter anderem aufgrund der restriktiven Vergabe und des gesellschaftlichen Makels bedeutet Hartz IV für viele einen Absturz. Deshalb möchte ich eine Alternative, die allen Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Dies kann in die Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens gehen, das aber nicht von heute auf morgen eingeführt werden kann. Trotz der Schlichtheit eines bedingungslosen Grundeinkommens, muss es dennoch unseren Gerechtigkeitsvorstellungen genügen und natürlich auch finanzierbar sein.

Generell bin ich der Auffassung, dass sich gesellschaftliche Veränderungen auch in unseren sozialen Sicherungssystemen wiederspiegeln müssen. Vor allem die Bekämpfung der Armut muss hierbei in den Vordergrund gestellt werden.
Aus diesem Grund beschäftigen wir Grüne uns intensiv mit der Reformierung der bestehenden Sozialleistungen und haben hierfür als ersten Schritt das Konzept der Grünen Grundsicherung entwickelt. Die Grüne Grundsicherung ist bedarfsorientiert und sieht umfassende Änderungen besonders in den Bereichen Kinder und Ausbildungsförderung, Arbeitslosengeld und Rente vor. Während die gesellschaftlichen Diskussionen um die Ausgestaltung und Umsetzbarkeit eines Grundeinkommens noch im Gange sind, haben die grünen Abgeordneten eine Reihe von konkreten Vorschlägen zur Reformierung des ALG II.

Die Grüne Grundsicherung umfasst Teilhabegarantien und Existenzsicherung. Sie besteht gleichberechtigt aus materieller Absicherung und dem Zugang zu fördernden und befähigenden Institutionen und Instrumenten. Beides muss klar festgelegt sein, auf beides muss es einen verbindlichen Rechtsanspruch geben. Ein Element der Grünen Grundsicherung ist die Festsetzung der Regelleistung in einer Höhe, die das sozio-kulturelle Existenzminimum garantiert und die Autonomie derjenigen schützt, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Wir treten dafür ein, die Sätze für das Arbeitslosengeld II neu zu berechnen und an das gestiegene Preisniveau anzupassen. Der Bedarf von Kindern und Jugendlichen muss ebenfalls eigenständig ermittelt und angehoben werden.

Zusätzlich wollen wir die Renteneinzahlungen für Langzeitarbeitslose in einem ersten Schritt wieder auf das frühere Niveau anheben und im nächsten Schritt an den Satz der ALG I Beziehenden angleichen, sodass auch in diesen Zeiten nennenswerte Rentenansprüche erworben werden und Altersarmut präventiv verhindert wird. Zudem muss für Langzeitarbeitslose ein erheblich höheres Schonvermögen für Altersvorsorgeaufwendungen gelten. Wir sind der Auffassung, dass alle Ersparnisse auf dem grünen Altersvorsorgekonto von der Anrechnung auf Arbeitslosengeld II freigestellt werden müssten.

Diese Reformen müssen einher gehen mit einem gesetzlichen Mindestlohn, denn Armut trifft heute immer öfter auch die Menschen mit Arbeitsplatz.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort einen Einblick in meine Position zum bedingungslosen Grundeinkommen und die grünen Reformvorstellungen zum Arbeitslosengeld II geben.

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Nestle

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