Hubert Hüppe
Hubert Hüppe
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Frage von Marco B. •

Frage an Hubert Hüppe von Marco B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Hüppe,

Meine gehörlose Frau hat zwei Kinder welche die KITA besuchen. Die Leitung wollte mit meiner Frau ein Elterngespräch führen. Hierfür wird ein Dolmetscher gebraucht, um Probleme richtig besprechen zu können.

Eine Dolmetscherstunde kostet ca. 50€, die wir ohne Hilfe nicht aufwenden können. Schon vor einem Jahr hat meine Frau ein Budget bei einer Servicestelle beantragt. Der Leistungsträger (Sozialamt) lehnte den Antrag ab: „das Gehörlosengeld von 117€ die Leistungen abdecke, die zur Überwindung der sozialen Nachteile notwendig seien.“

Gehörlose sollen somit ALLE Nachteile im sozialen Leben mit 117€ ausgleichen! Das Sozialamt beruft sich mit recht auf den §7 SGB9; da eine abweichende Regelung für Gehörlose das Landespflegegeldgesetz Berlin (LPflGG) ist.

Ich bitte Sie, versuchen Sie sich mal vorzustellen, wie oft SIE im Monat mit einer Person im Alltag sprechen. Verkaufsgespräche, Informationsgespräche, Geburtstagsfeiern in der eigenen Familie, Kino, Museum, ALLE Veranstaltungen … dies sind die tagtäglichen Bereiche, in denen Gehörlose Ausgrenzung erfahren und die sie mit 117€ überwinden sollen! Das Gehörlosengeld würde nicht einmal reichen um EINEN Elternabend (mehr als 2h) zu bezahlen. Meine Frau hat aber zwei Kinder um die sie sich kümmern MUSS! Schon zwei Jahre versuchen wir erfolglos Unterstützung zu erlangen.

GG Art.3 (3): „… Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Können Sie mir bitte sagen, wie meine Frau auch in den Genuss, am normalen Leben teilnehmen zu können, kommen kann?

Wie begründet sich, dass ein Gehörloser nach dem Landespflegegeldgesetz (Berlin LPflGG) §2 (2) nur 20% der Blindenhilfe bekommt (Blindenhilfe §72 (2) SGB12)?

Bitte sagen Sie mir, wie meine Frau eine Unterstützung erlangen kann, um der Fürsorgepflicht für ihre Kinder (und zu dieser Pflicht gehört es an Elternabenden, Gruppenveranstaltungen und Elterngespräche teilzunehmen) nachkommen zu können.

Wir brauchen schnelle Hilfe bevor die Kinder groß sind!

Hubert Hüppe
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Brüggemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Landespflegegeldgesetz kann nur durch das Land Berlin geändert werden. Da es sich um die Landespolitik Berlins handelt, kann ich nicht unmittelbar Einfluss nehmen. Es macht sicherlich Sinn, wenn Sie das Land Berlin auf das Problem aufmerksam machen und Änderungen anregen. Ansprechen könnten Sie zum Beispiel den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung in Berlin, Herrn Martin Marquardt. Natürlich trägt aber auch der Bund Verantwortung für gehörlose Menschen. Im Bundesgesetz § 17 SGB I ist geregelt, dass Kosten für Gebärdendolmetscher bei der Ausführung von Sozialleistungen, zum Beispiel bei Arztbesuchen, übernommen werden. Ob das Elterngespräch Ihrer Frau mit der Leiterin der KITA Ihres Kindes unter die Vorschrift fällt, kann ich Ihnen nicht abschließend sagen, da ich nicht die genauen Umstände Ihres Falles kenne. Um sicherzugehen, würde ich an Ihrer Stelle beim Jugendamt und/oder Sozialamt einmal nachfragen und gegebenenfalls weiteren Rechtsrat einholen. Auch auf Bundesebene haben wir uns bereits mehrfach mit dem Thema "Unterstützung der Erziehung behinderter Eltern" befasst. Entsprechende Intitiativen zur Verankerung in der Eingliederungshilfe haben leider bisher keine Früchte getragen. Änderungen durch die Förderalismusreform haben die Spielräume für bundesrechtliche Änderungen im Bereich der Eingliederungshilfe zudem eingeengt. Ich werde mich aber weiter dafür einsetzen, dass behinderte Eltern bei Erziehungsaufgaben unterstützt werden.

Auch wenn Ihnen dies in Ihrer konkreten Situation nicht weiterhilft: Auf Bundesebene wurde im vergangenen Jahr die Situation von gebärdenden Menschen durchaus verbessert. Bis Anfang diesen Jahres bestand Unklarheit darüber, in welcher Höhe Gebärdendolmetscherkosten erstattet werden sollen. Der Bund hat im letzten Jahr durch eine Änderung des § 17 SGB I auf die hierdurch entstandenen Unsicherheiten von Betroffenen reagiert. Ab dem 1. Januar 2008 besteht Klarheit, dass die Höhe der Kosten denen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren entsprechen muss. Ich persönlich habe die Hauptseiten meines Internetauftritts übersetzen lassen. Gebärdende Menschen können seit Anfang diesen Jahres die Hauptseiten meines Internetauftritts in Gebärdensprache verfolgen.

Es gibt immer noch genügend Bereiche, in denen gehörlose Menschen Gebärdensprachdolmetscher bräuchten. Zum Beispiel halte ich es für ein großes Defizit, dass hörbehinderten Menschen der Zugang zu Medien über Gebärdensprachdolmetscher und Untertitel häufig versagt bleibt. Die zuständigen Sendeanstalten habe ich hierzu aufgefordert, die Belange hörbehinderter Menschen besser zu berücksichtigen. Leider sind Verbesserungen für gehörlose Menschen scheinbar nur sehr langsam zu erreichen. Ich werde mich aber weiterhin für diese Verbesserungen einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hubert Hüppe

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