Hubert Hüppe
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CDU
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Frage von Andreas S. •

Frage an Hubert Hüppe von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hüppe,

am 09.11.2007 haben Sie dem umstrittenen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt.

Auch wenn seit dem 11. September 2001 in den Medien und von Seiten einiger Politiker häufig Schreckens-Szenarios aufgezeigt werden, habe ich persönlich keine Angst vor einem Terroranschlag.

Vor einem Staat, der die Grundlagen dafür schafft, dass das soziale Umfeld JEDES seiner Bürgerinnen und Bürger im Verborgenen ausgeleuchtet werden kann, habe ich jedoch Angst.

1) Ist Ihnen bewußt, dass es Bürgerinnen und Bürger wie micht gibt, denen ein freies und unverdächtigtes Leben wichtiger ist als das Behütetwerden vor eventuellen Gefahren?

2) Für wie groß schätzen Sie den Anteil der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ein, die in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung die gleiche Haltung wie ich einnehmen, die ich in Frage 1 beschrieben habe?

3) Mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden. Sind Sie froh, dass diese Richtlinie beschlossen wurde? Wie beurteilen Sie persönlich diese Richtlinie?

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Schlappig

Hubert Hüppe
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schlappig,

für Ihre Email vom 13. November 2007, in dem Sie zusammengefasst die Umsetzung der EU- Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht kritisieren, danke ich Ihnen. Ich bemerke hierzu Folgendes:

Zu Ihrer ersten Frage:
Natürlich ist mir bewusst, dass es wie Sie es ausdrücken „Bürgerinnen und Bürger gibt, denen ein freies und unverdächtiges Leben wichtiger ist, als die Behütung vor eventuellen Gefahren“. In Anbetracht der weltpolitischen Lage muss man auch andere Aspekte in den Gedankengang miteinfließen lassen. Einige Bürger sehen in Bezug auf dieses Thema, ihren Grundrechtsschutz und die ebenfalls verfassungsrechtlich gebotene Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung gegenüberstehend. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag des staatlichen Gemeinwesens hervorgehoben, weil ein solches Gemeinwesen anders gar nicht funktionieren kann.
Grundrechtsschutz der Bürger und Strafverfolgungsinteresse des Staates müssen deshalb in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden. Ermittlungsinstrumente sollten aus rechtspolitischer Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht weiter beschränkt werden, als dies verfassungsrechtlich geboten ist.

Zu Ihrer zweiten Frage:
Den Anteil der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger, die dieselbe Meinung wie Sie bei diesem Thema vertreten, kann ich schlecht einschätzen. Es mag Bürger geben, die mit dieser Umsetzung nicht vollkommen einverstanden sind, aber die Aufgabe der Politik ist es, sie davon zu überzeugen, dass man sich richtig entschieden hat.
Die Richtlinie wird mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie, welche am 9. November im Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, in nationales Recht umgesetzt. Mit dem Gesetz werden die genannten Vorgaben, mit denen sowohl dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung als auch dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung getragen wird, eingehalten: Von den Telekommunikationsunternehmen dürfen nur die Verkehrsdaten gespeichert werden. Die Speicherungsfrist ist auf sechs Monate begrenzt. Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft über diese Daten ist nach wie vor an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen geknüpft. Eine anderweitige Verwendung dieser Daten ist nur zu Zwecken der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit möglich, wenn dies gesetzlich unter Beachtung der Verwendungsbeschränkungen im Telekommunikationsgesetz festgelegt ist. Eine Verwendung beispielsweise zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist nicht zulässig.
Die Telekommunikationsunternehmen haben die neu geschaffenen Speicherverpflichtungen faktisch bis spätestens zum 1. Januar 2009 zu erfüllen.

Zu Ihrer dritten Frage:
Die Vorratsdatenspeicherung ist in meinen Augen ein Ermittlungsinstrument, das für die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten unabdingbar ist. “Froh sein“ wäre in diesem Zusammenhang nicht der richtige Ausdruck. In der Diskussion hierüber wird vielfach übersehen, dass bereits nach der gegenwärtigen Rechtslage Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken speichern dürfen. Gesprächsinhalte dürfen nicht gespeichert werden. Über diese Daten haben die Telekommunikationsunternehmen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung den Strafverfolgungsbehörden Auskunft zu erteilen, wenn es um die Verfolgung schwerer Straftaten oder von Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen wurden, geht.
Mit der stetigen Zunahme sogenannter „Flatratetarife“, bei denen eine Speicherung von Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken durch die Telekommunikationsunternehmen nicht mehr erforderlich ist, drohte es mehr und mehr seine Wirksamkeit zu verlieren. Die Möglichkeit, alleine durch Nutzung solcher „Flatratetarife“, Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren oder zu vereiteln, dürfte insbesondere der organisierten Kriminalität nicht verborgen geblieben sein. Bereits deshalb war es erforderlich, eine entsprechende Speicherungsverpflichtung der Telekommunikationsunternehmen, unabhängig davon, ob diese Daten zu Abrechnungszwecken benötigt werden, gesetzlich festzulegen. Die bisherigen Schutzvorkehrungen sind dabei uneingeschränkt beibehalten worden.

Nicht zuletzt diese Erwägungen haben die Bundesregierung bewogen, der Richtlinie zuzustimmen. In dem Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2006, der mit der Mehrheit der Stimmen des Deutschen Bundestages angenommen wurde, wurde die Bundesregierung aufgefordert, dem Text der Richtlinie bei der abschließenden Befassung des Rates der Europäischen Union zuzustimmen. Auch der Deutsche Bundestag hat in diesem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten insbesondere bei Straftaten mit komplexen Täterstrukturen, wie sie für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität kennzeichnend sind, und bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten unverzichtbar ist.
Dem Deutschen Bundestag war dabei bewusst, dass das hierfür gewählte Instrument der Richtlinie möglicherweise nicht ganz frei von kompetenzrechtlichen Risiken ist. Er hat sich dennoch dafür ausgesprochen, weil es sich insoweit um einen Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten gehandelt hat und es jedenfalls gelungen ist, in der Richtlinie Regelungen mit Augenmaß zu erreichen. Nur deshalb, weil die Bundesregierung diesen Weg der Richtlinie mitgetragen hat, hatte sie die Möglichkeit, diese Vorbehalte im Text der Richtlinie zu verankern.

Mit freundlichen Grüßen

Hubert Hüppe MdB

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