Frage an Holger Schiele von Ruth P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schiele,
werden Sie - gesetzt den Fall, Sie werden in das Europaparlament gewählt - unser bestehendes Geldsystem thematisieren? Werden Sie die derzeit über das Zinseszinssystem bestehende Möglichkeit von exponentiellem Wachstum von privatem Vermögen bei gleichzeitiger Verschuldung eines Teils der Bevölkerung in Frage stellen - mit dem Ziel, dieses System abzuschaffen? (Mir haben zum Verstehen der Zusammenhänge die Vorträge auf youtube und die Bücher des Ökonomen Bernd Senf geholfen.)
Mit Dank für Ihr Engagement, freundlichem Gruß
Ruth Priese
Prof. Senf fordert, dass die Gewaltenteilung um eine vierte Säule, die "Monetative", ergänzt werden soll. Dieser Forderung wäre eine sehr sinnvolle Ergänzung des Gewaltenteilungskonzepts. Damit wären auch die Ursachen der Euro-Krise zu vermeiden gewesen. Hätten wir eine unabhängige EZB nach dem Vorbild der deutschen Bundesbank gehabt, die ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet gewesen wäre, hätten wir keine Staatsfinanzierung mit Zentralbankgeld haben können, was es ggw. mittelbar der Fall ist. Durch den Ankauf von italienischen und spanischen Schuldtiteln werden letztlich die dortigen Regierungen mit Zentralbankgeld mitfinanziert. Das Haftungsrisiko geht in letzter Instanz auf den deutschen Steuerzahler über. Diese "Transferunion" lehnt die LKR entschieden ab.
Eine Infragestellung des Zinses sehe ich indes, anders als Prof. Senf, nicht. Es ist ökonomisch effizient, dass Personen mit einem Überschuss an liquiden Mitteln diese anderen ausleihen, die damit eine Investition tätigen wollen. Da bei jeder Investition ein Risiko des Scheiterns besteht, muss für das Verleihen von Geld eine Kompensation für dieses Risiko erfolgen - das ist eine Funktion des Zinses. Ansonsten können wir zwar direkt Unternehmensanteile handeln, was aber wahrscheinlich die Marktliquidität reduzieren und die Transaktionskosten erhöhen würde. Ein solches System wäre somit weniger effizient als unser heutiges.