Frage an Hilde Mattheis von Ulrich P. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Mattheis,
ich möchte mich mich Fragen der Familienförderung an Sie wenden.
Ihre Kollegin Dagmar Freitag bat mich, diese Fragen an Sie oder an
Frau Prof. Däubler-Gmelin zu richten wegen der geografischen
Zuständigkeit. Frau Däubler-Gmelin setzt sich zwar stark für
Menschenrechte bei anderen Völkern ein, leider ist Sie nicht so stark
an Bürgerrechten interessiert; auf diesem Portal antwortet Sie nicht.
Nun zu meinen Fragen:
Wann wurde zuletzt das Kindergeld erhöht?
Wie stark sind seit der letzten Erhöhung die Lebenshaltungskosten
gestiegen?
Warum werden in der Familienförderung Höherverdienende mehr
gefördert (durch den Kinderfreibetrag) als Geringverdiener (ich
denke dabei an Familien obenhalb Hartz IV)?
Glauben Sie nicht auch, dass Wenigverdiener eher auf eine höhere
Förderung angewiesen sind?
Wie hoch muss das zu versteuernde Einkommen sein, damit man
mit den Kinderbetreuungskosten besser da steht als mit dem
Kindergeld?
Ist es richtig, dass sich Kinderbetreuungskosten und Kosten zur
Abgeltung eines Sonderbedarfs bei Berufsbildung sich nur bei
der Steuererklärung eines Besserverdieners auswirken?
Wenn ja, warum müssen Wenigverdiener diese Aufwendungen
selbst tragen?
Sollten Sie behaupten, dass es der Wunsch des Bundesverfassungs-
gerichtes sein, das Gutverdienende besser gestellt werden müssen,
wollen Sie mir bitte das Aktenzeichen des Urteils nennen.
Ich darf daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht nach
Vorgaben des Grundgesetzes entscheiden muss. Wenn vom
Parlament gewünscht wird, Geringverdiener schlechter zu stellen,
kann das Bundesvefassungsgericht auch keine andere Maßstäbe
festlegen. Moralisch ungerecht empfundene Urteile des Bundes-
verfassungsgerichtes fallen immer auf das Parlament zurück.
Ich bedanke mich heute schon für die vollständige Beantwortung
meiner Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Parth
Sehr geehrter Herr Parth,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Familienpolitik, die Sie auf abgeordnetenwatch.de gestellt haben.
Zunächst möchte ich Ihre Sachfragen beantworten. Seit dem Regierungsantritt der SPD 1998 ist das Kindergeld um 37 Prozent von 112 Euro auf 154 Euro angehoben worden. Zuletzt wurde das Kindergeld im Jahr 2002 im Zuge der Umstellung auf den Euro angepasst. Die monatliche Zuwendung für die ersten beiden Kinder betrug vor der Umstellung 270 DM pro Kind und wurde dann auf 154 Euro festgesetzt. Seit dieser Zeit ist der vom statistischen Bundesamt geführte Verbraucherpreisindex um knapp neun Prozentpunkte gestiegen. Bei einer Fixierung auf 100 % im Jahr 2005 stand der Index im Jahr 2002 bei 95,9 %, während er für das letzte Jahr mit 103,7 % angegeben ist.
Im Zuge der Anrechnung des Kindergeldes auf den Kinderfreibetrag übersteigt die Entlastung durch den Kinderfreibetrag die Höhe des Kindergeldes ab einem steuerpflichtigen Einkommen von 62.800 Euro im Falle des Ehegattensplittings, bzw. sonst 32.800 Euro. Die Absetzung von Kinderbetreuungskosten kommt in der Tat erst mit steigendem Einkommen zur vollen Entfaltung, da steuerliche Absetzbarkeit ein entsprechendes zu versteuerndes Einkommen voraussetzt.
Ich stimme Ihnen zu, dass durch Förderinstrumente wie Kindergeld, Kinderfreibetrag oder steuerliche Absetzbarkeit besser verdienende Erziehende in absoluten Zahlen stärker monetär und fiskalisch gefördert werden als gering verdienende Menschen. Die SPD tritt deshalb dafür ein, den Familienlastenausgleich so umzugestalten, dass die Wirkung seiner Komponenten für alle Familien gleich ist - egal, ob sie mehr oder weniger Einkommen haben. Um das zu erreichen, streben wir die Umgestaltung der Freibeträge in einer Weise an, die alle Kinder gleich fördert. Die Freibeträge sollten künftig ab dem ersten Euro Wirkung entfalten und nicht erst für Spitzenverdienerinnen und -verdiener.
Der dritte Armuts- und Reichtumsbericht hat gezeigt, dass gerade Kinder von Armut betroffen sind. Deshalb muss besonders Kindern aus armen und sozial schwachen Familien unsere Unterstützung gelten. Die Regelsätze nach SGB II und SGB XII für Kinder müssen erhöht werden. Die SPD unterstützt die Bemühungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Ermittlung eines eigenständigen Kinderregelsatzes zu prüfen. Außerdem tritt die SPD für ein Schulmittelbedarfspaket für bedürftige Kinder ein, das pro Schuljahr in der Größenordnung von 100 Euro finanziert wird. Neben finanziellen Förderungsmitteln müssen weitere Wege eingeschlagen werden, Familien zu unterstützen und Kindern Aufstiegschancen zu bieten. So setzt sich die SPD seit längerem für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze ab dem ersten Lebensjahr ein und arbeitet an einem Bund/Länder-Programm zum flächendeckenden Ausbau des Betreuungsangebotes. An den Schulen muss es eine Ganztagesbetreuung und ein warmes Mittagessen für Kinder geben. Ich denke, dass solche Mittel oftmals besser für eine soziale Familien- und Kinderpolitik geeignet sind als eine einfache Erhöhung der staatlichen Leistungen.
Mit freundlichen Grüßen
Hilde Mattheis MdB