Frage an Hilde Mattheis von Christoph W. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Mattheis,
diese Woche soll entschieden werden, dass die Bundesländer Kompetenzen aufgrund der Corona-Pandemie abtreten. Dies ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Liest man z.B. bei Wikipedia unter "Förderalismus" nach, findet man Sätze wie "In der Bundesrepublik ist der Föderalismus durch Artikel 20 des Grundgesetzes ein Staatsstrukturprinzip und somit grundlegender Teil des politischen Systems. Die Ewigkeitsklausel legt fest, dass er unabänderlich festgeschrieben ist." oder "Auch keine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit des Deutschen Bundestages und des Bundesrates darf die föderale Struktur und Organisation der Bundesrepublik aufheben."
Wie stehen Sie als Sozialdemokratin diesem - meiner Meinung nach demokratieschädlichen und beängstigenden- Ansatz gegenüber?
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Welker
Sehr geehrter Herr Welker,
vielen Dank für Ihre Frage.
Fragen des Infektionsschutzes sind derzeit zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, daran ändert sich auch durch die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen am Infektionsschutzgesetz nicht Grundsätzliches. Die Länder behalten alle ihre Kompetenzen in den §§28 und 32, per Verordnung Schutzmaßnahmen zum Infektionsschutz zu erlassen. Andere Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz waren und sind Teil der Bundesgesetzgebung, bspw. die Ausrufung einer sog. epidemischen Lage von nationaler Tragweite oder aber Schutzbestimmungen bei der Einreise in die Bundesrepublik, die auf Bundesebene geregelt werden.
Das Infektionsschutzgesetz stellt die grundgesetzliche Ordnung des Föderalismus nicht in Frage, sondern klärt lediglich, welche Kompetenzen zu welchem Zeitpunkt Bund und Länder haben. Dies fällt in den Bereich des §74 Grundgesetz, der den Infektionsschutz als Teil konkurrierender Gesetzgebung aufführt, d.h. die Länder sind zuständig, solang der Bund keine eigene Regelung dazu gefasst hat.
Die Länder sind im Übrigen weiterhin befugt, vom Bund abweichende härtere Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Virus zu treffen, wenn sie das wünschen.
Mit freundlichen Grüßen
Hilde Mattheis, MdB