Frage an Hilde Mattheis von Dr. Lienhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Liebe Hilde Mattheis,
meine Frage an Sie: wie will die SPD die einfachen Leute wiedergewinnen?
Unter Gerhard Schröder hat die SPD gemeinsam mit den Grünen neoliberale Politik gemacht. Mit dem radikalsten Sozialabbau seit Bestehen der Bundesrepublik, mit Privatisierung und Deregulierung hat die SPD das zerstört, wofür sie immer stand: Partei der sozialen Gerechtigkeit zu sein. Die SPD hat ihre Stammwähler gekränkt und ist zur Honoratiorenpartei geschrumpft. Und als weitere Folge davon ist die Infrastruktur unseres Landes ist immer noch marode.
Lange Zeit hat die Partei versucht, mit dem Personal aus der Schröder-Ära Furore zu machen. Das hat nicht funktioniert. Jetzt wird immer wieder Finanzminister Olaf Scholz, der Verfechter der „schwarzen Null“, als möglicher Kanzlerkandidat genannt. Minister Scholz wird als solider Technokrat wahrgenommen, der die Unterstützung von Andrea Nahles genießt. Kann man mit diesem Personal eine Wahl gewinnen?
Die Grünen haben inzwischen mit Robert Habeck ein neues Gesicht an die Spitze gestellt. Habeck ist jemand, der auf nachdenkliche Weise Klartext redet. Ein unbelastetes neues Gesicht und eine neue Sprache.
Habeck behandelt die Wähler als intelligente Menschen, mit denen man offen reden kann, ohne sich in die üblichen Floskeln zu flüchten. Er nennt Probleme beim Namen und denkt lösungsorientiert.
Mit FRANZISKA GIFFEY hat die SPD immerhin ein Gesicht, das für einen Neuanfang stehen könnte. Eine Frau, die offen redet und im Fernsehen zugewandt und bürgernah rüberkommt. Wäre es nicht an der Zeit, diese Ministerin jetzt als Kandidatin für die nächste Kanzlerwahl aufzubauen?
Ich weiß, diese Frage ist delikat. Zu delikat, als daß ich auf eine ungeschminkte Antwort hoffen könnte?
Sehr geehrter Herr Dr. W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich bin wie Sie der Meinung, dass die SPD mit dem bisher gefahrenen Kurs nicht weitermachen kann, sondern wir eine echte programmatische und strukturelle Erneuerung brauchen. Dazu gehören auch für mich ein klarer Bruch mit der Agenda 2010 und eine grundlegende Reform der Hartz-Regelungen. Einen Vorschlag dazu habe ich kürzlich gemacht, den Sie auf meiner Website nachlesen können.
Ich bin der Meinung, dass wir uns nicht nur auf das Personal konzentrieren sollten. Ich glaube nicht, dass die Grünen derzeit ein Umfragehoch bzw. gute Wahlergebnisse erzielen, nur weil Robert Habeck Vorsitzender ist. Sicherlich wirkt er ebenfalls positiv, allerdings ist die persönliche Beliebtheit sehr unsicher und kann schnell umschlagen. Das Wichtige ist für mich daher eine klare programmatische Zielrichtung und die fehlt meiner Meinung nach der SPD derzeit. In einem zweiten Schritt muss natürlich das Spitzenpersonal diese Inhalte auch verkörpern und glaubwürdig in der Öffentlichkeit vertreten.
Mit freundlichen Grüßen
Hilde Mattheis, MdB