Portrait von Hilde Mattheis
Hilde Mattheis
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hilde Mattheis zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Wolfgang R. •

Frage an Hilde Mattheis von Wolfgang R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Mattheis,

in der aktuellen Zeitschrift des SoVD ist ein Artikel über die Altersarmut, die durch die alarmierenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigt wird. Nach Überzeugung des SoVD sind die gesetzlich vollzogenen Rentenniveauabsenkungen und die politisch gewollten mageren Anpassungen der letzten Jahre mit den Folgen der Inflation und den gleichzeitig steigenden Beitragsbelastungen in der KV und PV die Ursache für diese dramatische Entwicklung. Es ist ein Kaufkraftverlust (2004 bis 2011) von ca. 9% zu verkraften wobei die Renten nur um ca. 2% stiegen. Der Berechnung liegt allerdings ein allgemeiner Warenkorb zugrunde, der die Bedürfnisse von Rentnern nicht abbildet. Mit ein „Rentnerwarenkorb“ würde der Kaufkraftverlust noch höher ausfallen. Möchte die SPD diese Entwicklung unterbinden? Wenn ja, durch welche Maßnahmen?

In einem Artikel der VDI nachrichten über die Demografie (1. 11. 13) bemängelt der Statistiker Gerd Bosbach, dass Produktivitätszuwächse und damit Steigerung des Wohlstandes, in den demografischen Berechnungen überhaupt nicht beachtet werden. Warum lässt die Politik diesen Fehler zu? Geht es darum, die Industrie mit geringeren Beträgen zu schonen?

Das Standardrentenniveau liegt nach 45 Jahren bei Brutto 45,6 % (Deutsche RV). Der Höchstsatz einer Bamtenpension wird schon nach 40 Jahren erreicht und beträgt 71,75 % vom letzten Bruttoeinkommen. Dabei ist die durchschnittliche Lebenserwartung nach dem 65. Lebensjahr von pensionierten Beamten 2 Jahre höher als von Rentnern (Studie der Hans Böckler Stiftung, 2008). Findet Ihre Partei dieses drastische Missverhältnis angemessen? Dass die Politik an den zu 100 % aus Steuern finanzierten Pensionen kaum etwas ändert ist verständlich, wenn man weiß, dass in der 16. Wahlperiode etwa 127 MdB’s aus Beamtenberufen kommen (und wieder zurückgehen).
Warum entscheidet sich die Politik nicht auch für einen höheren Steuerzuschuss für Rentner?

Mit freundlichem Gruß,
Wolfgang Richter

Portrait von Hilde Mattheis
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihr Schreiben, das Sie über die Seite www.abgeordnetenwatch.de am 17.11.2013 an mich gerichtet haben. Zurecht verweisen Sie auf die bedrückenden Zahlen gestiegener Altersarmut und zurecht fordert der Titel des von Ihnen erwähnten Artikels in der Zeitung des Sozialverband Deutschland (SoVD) „Warnsignale für Altersarmut ernst nehmen“.

Deshalb hat die SPD in ihrem Regierungsprogramm 2013 – 2017 ein Konzept vorgelegt, das kurz-, mittel und langfristig entsprechende Schritte vorsieht, mit denen Ungerechtigkeiten beseitigt sowie Altersarmut bekämpft und präventiv verhindert werden soll. Unser Ziel ist eine „Erwerbstätigenversicherung, in der alle zu gleichen Bedingungen für das Alter und bei Erwerbsminderung versichert sind.

Leider hat das Ergebnis der Bundestagswahl die SPD nicht in die Lage versetzt, diese Vorhaben umfassend umsetzen zu können. Die SPD konnte im Koalitionsvertrag zwar einige Verbesserungen durchsetzen und Lücken bei der Alterssicherung schließen. Entscheidende Schritte jedoch hin zu einer grundlegenden Rentenreform, die auch die von Ihnen angesprochenen Defizite und Negativentwicklungen korrigieren, stehen weiterhin aus.
So haben wir – um nur ein Beispiel zu erwähnen, das auch das Thema Altersarmut betrifft - eine Anhebung der Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente zum 1. Juli 2014 um zwei Jahre, von 60 auf 62 Jahre vereinbart - allerdings weiterhin mit Abschlägen. Vielleicht gelingt es uns beim Gesetzgebungsprozess, diese zu streichen und die geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente zum 1.7.2014 in einem Schritt – und nicht stufenweise – zu beschließen. Die SPD wird jedenfalls bei der Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformschritte für entsprechende Verbesserungen im Detail eintreten.

„Dass Produktivitätszuwächse und damit Steigerung des Wohlstandes, in den demografischen Berechnungen überhaupt nicht beachtet werden“, wie Sie schreiben, hat viel mit der Verteilungsfrage zu tun und wird deshalb gerne unter den Teppich gekehrt. Leider hat die SPD bei den Wahlen nicht das nötige Mandat erhalten, um für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen zu können.

Das kann mich und uns allerdings nicht davon abhalten, weiter dafür einzutreten. Wir brauchen eine grundlegende Rentenreform und nicht nur korrigierende Einzelmaßnahmen. Wir brauchen wieder eine solidarische und paritätisch nach dem Umlageprinzip finanzierte gesetzliche Rentenversicherung. Sie muss für alle lebensstandardsichernd sein und den Schutz vor Altersarmut gewährleisten. Es muss für alle eine Mindestrente oberhalb der Grundsicherung geben. Wir brauchen flexible Übergange vom Beruf in die Rente.

Wenn es uns gelingt, die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung auszubauen wird das Rentensystem als Ganzes gerechter und trägt zum Abbau von Privilegien bei, die Sie beklagen. Ein solcher Politikwechsel gelingt jedoch nur mit einer Veränderung der politischen Machtverhältnisse.

Mit einer guten Erwerbstätigenversicherung, die auch die von Ihnen erwähnten Produktivitätszuwächse angemessen berücksichtigt, bedürfte es auch keiner zusätzlichen Steuergelder zur Korrektur verfehlter Rentenpolitik. Im Falle der Mütterente etwa wäre ein Steuerfinanzierung sinnvoller und gerechter gewesen, aber das war politisch nicht durchsetzbar.

Deshalb ist der von Ihnen in seiner Pauschalität als Vorwurf an „die Politik“ unterstellte Zusammenhang zwischen beruflichem Hintergrund und politscher Arbeit ein unzulässiger Kurzschluss. Er dient eher zur Verwischung und Vermischung politischer Alternativen und hilft in der Korrektur der, von Ihnen zurecht monierten sozialen Ungerechtigkeiten, nicht weiter.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich in die politische Diskussion einmischen und damit den notwendigen öffentlichen Druck für mehr soziale Gerechtigkeit mit aufbauen helfen und hoffe, Sie mit meiner Antwort darin bestärkt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Hilde Mattheis, MdB