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Hilde Mattheis
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Frage von Andreas K. •

Frage an Hilde Mattheis von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Mattheis,

ich bin sehr verwirrt über die letzten Wendungen in der geplanten Sperrung von Kinderpornografie-Webseiten. Zuerst wies die vorgestellte Stoppseite ausdrücklich darauf hin, daß Zugriffsversuche nicht gespeichert werden.

Bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs war das dann schon alles ganz anders, und zudem waren Dinge zu hören, die meiner Meinung nach einer Justizministerin schlicht unwürdig waren.

Inzwischen sind auch bereits offizielle Stimmen zu hören, die die Internetsperren gegen Webseiten anderer Natur in Stellung bringen wollen, während sie noch vor ein paar Wochen strikt als Sonderfall gegen Kinderpornografie dargestellt wurden.

Um was geht es hier nun wirklich?

Warum, meinen Sie, geht die Regierung auf die massiv vorgebrachte Kritik an diesem Vorhaben und seiner Begründung nicht inhaltlich ein, sondern nur auf eine Weise, die für meine Begriffe schon an Diffamierung grenzt (für mich als Mitzeichner der einschlägigen Petition auch persönlich)?

Warum sind so gut wie keine Anzeichen vorhanden, daß das BKA oder auch andere Dienststellen auch tatsächlich einschlägige Seiten vom Netz nimmt, wenigstens solange sie in Deutschland beheimatet sind?

Wollen wir uns wirklich lieber der Gefahr aussetzen, eine sofort einsatzbereite Zensurmaschine zu installieren statt das Übel verpflichend an der Quelle zu packen, zumal dies ganz ohne neue Gesetze möglich ist? Schließlich weisen die weitaus meisten Einträge der bekannten Sperrlisten nach Deutschland selbst, den Niederlanden und anderen Ländern mit funktionierender Strafverfolgung und ähnlicher Gesetzgebung, wo das Abschalten der Server gar kein Problem ist. Erwiesenermaßen funktioniert das in der Mehrzahl der Fälle sogar mit einem simplen Hinweis an die Webspace-Provider, und das BKA sollt e in der Lage sein, sowas auch ins Ausland zu verschicken.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krey,

vielen Dank für ihre Anfrage, in der Sie sich kritisch mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzwerken auseinandersetzen.

Bereits zu Beginn dieser Diskussion war mir stets bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Daher muss mit aller Entschlossenheit und mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen diese Verbreitung vorgegangen werden. Schon vor diesem nun verabschiedeten Gesetzesentwurf wurden Seiten mit entsprechendem Inhalt, die sich auf deutschen Servern befanden, von den Internetprovidern aus dem Netz genommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland leider nicht möglich. In der Vergangenheit hat zudem das BKA nach Kenntnisnahme von verdächtigen Seiten die Sperrung nicht sofort erwirkt, weil sie durch diese Seiten oft zu einem größeren Händlerring gelangten. Nachdem dieser ausgehoben wurde, wurde selbstverständlich auch die Seite gesperrt.

Wie Sie richtig bemerken, waren noch bis vor kurzem zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen des (damaligen) Gesetzentwurfes nicht zufriedenstellend. Die SPD- Bundestagsfraktion hatte daher durchgesetzt, dass diese Punkte in einem transparenten parlamentarischen Verfahren erörtert wurden. Daher fand am 27. Mai eine Anhörung von Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss zu diesem Thema statt. Damit konnten wir auch die in Teilen der Internet- Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in der stark beachteten E-Petition gefunden haben und auf die Sie wahrscheinlich ansprechen, angemessen einbeziehen.

Mit dem nun verabschiedeten Gesetzesentwurf wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Es kommt entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Auf keinen Fall darf der kommerziellen Verbreitung dieser Inhalte über das Internet tatenlos zugesehen werden.

Ich habe dem Gesetzentwurf in der geänderten Fassung mit Bedenken zugestimmt, weil die SPD-Bundestagsfraktion sich mit ihrer Forderung nach einer grundlegenden Überarbeitung des ursprünglichen Gesetzentwurfes in den Verhandlungen auf ganzer Linie durchgesetzt hat. So bekämpfen wir nun nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren. Dabei begrüße ich insbesondere, dass die SPD folgende rechtsstaatliche Grundsätze in den Verhandlungen durchsetzen konnte:
- Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, so weit eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten keinen Erfolg hat oder zu lange dauern würde.
- Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren.
- Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
- Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Zudem tritt das Gesetz automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann.

Mit diesen Änderungen werden auch die wesentlichen Forderungen des Bundesrates, der Sachverständigenanhörung und der Netz-Community Rechnung getragen. Dennoch bleiben natürlich grundsätzliche Bedenken gegen den Aufbau einer entsprechenden Sperrinfrastruktur bestehen, die - bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag - auch zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte. Hier waren gerade aus der Unionsfraktion in den vergangenen Tagen und Wochen Forderungen bekannt geworden, diese Sperren auch für Computerspiele, Glückspiele, extremistische Inhalte oder gar Urheberrechtsverletzungen anzuwenden. Hierzu erkläre ich, dass eine Ausweitung der Sperrinfrastruktur für andere Zwecke für mich grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Schließlich bleibt bei der Abwägung der Zustimmung zu diesem Gesetz auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die entsprechende Sperrinfrastruktur aufgrund der abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern bereits aufgebaut wird. Diese Verträge beinhalten keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen und sind deshalb höchst problematisch. Ich sehe es als meine Pflicht als Abgeordnete an, solche weitgehenden, intransparenten und verfassungsrechtlich schlicht unzulässige Verträge zu Lasten Dritter durch eine gesetzliche Grundlage abzuschwächen und ihre negative Wirkung zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Hilde Mattheis MdB