Portrait Harald Ebner mit blauem Hemd vor grünem Hintergrund. Lächelnd.
Harald Ebner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von David G. •

Wie vereinbaren Sie die Haltung der Grünen zu Gentechnik mit einer wissenschaftsbasierten Politik?

Guten Tag Herr Ebner,
Beim Klimawandel erklären die Grünen gerne, man solle auf die Wissenschaft hören. Wie begründen Sie daher Ihre Haltung zu neuen Möglichkeiten der Gentechnik (bspw. Gene Editing), bei der Ihre Position der des wissenschaftlichen Konsens diametral entgegensteht? U. a. die Deutsche Forschungsgesellschaft und die Leopoldina sind von der Sicherheit dieser neuen Züchtungsmethoden auf Basis von über 30 Jahren Forschung überzeugt. Dagegen hat Frau Baerbock erst vor kurzem betont, dass es mit ihr keinerlei Entwicklung diesbezüglich geben wird. Warum sollte ich als Wissenschaftler also eine Partei wählen, die Wissenschaft nur dann schätzt, wenn sie ihr ideologisch in die Agenda passt?

Herzlichen Dank,
David Ghasemi

Quellen:
www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2019_Stellungnahme_Genomeditierte_Pflanzen_web.pdf
https://t.co/M7s3K4kWJs?amp=1 (S. 14)
Brief von A. Baerbock zum Thema GMOs: https://twitter.com/LudgerWess/status/1416677469814460424

Portrait Harald Ebner mit blauem Hemd vor grünem Hintergrund. Lächelnd.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ghasemi,

vielen Dank für Ihre Frage.

Anders als in der Frage der Klimakrise gibt es im Hinblick auf die neuen gentechnischen Methoden wie CRIPSR/Cas keinen wissenschaftlichen Konsens, vor allem wenn es um die Freisetzung im offenen System geht, die in der Regel nicht rückholbar ist.

Es macht einen großen Unterschied, wen man aus der Wissenschaft für eine Kosten-Nutzen-Analyse der neuen gentechnischen Methoden (be)fragt: ein Molekularbiologe oder eine Ökologin werden schlicht aus dem Grund, dass sie unterschiedliche Forschungsobjekte betrachten, zu anderen Schlüssen kommen. Dies zeigt auch die beigefügte Studie.

Ihrer Aussage, dass neue gentechnischen Methoden aufgrund von über 30 Jahren Forschung sicher seien, muss ich schon deshalb widersprechen, weil es die neuen gentechnischen Methoden wie CRISPR/Cas erst seit etwa 10 Jahren gibt und seitdem genügend über deren unbeabsichtigte Fehler („On- und Off-Target-Effekte“) publiziert wurde.

Gerade deshalb braucht es endlich unabhängige und umfassende Risikoforschung. Leider wurden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren gerade einmal 1,6 Prozent der Forschungsmittel, die insgesamt für Neue Gentechnik zur Verfügung standen, für die Bereiche Risikobewertung, Nachweismethoden und Monitoring ausgegeben. Die Drittmittelforschung zu den neuen gentechnischen Methoden stammt im Übrigen hauptsächlich aus der Biotechnologie-Branche selbst.

Neben verlässlicher Risikoabschätzung geht es aber auch um Wahlfreiheit der Menschen. Sie zu gewährleisten, muss Aufgabe verantwortungsvoller Politik sein. Als Bündnis 90/Die Grünen bekennen wir uns ausdrücklich zur Forschungsfreiheit. Forschungsfreiheit ist dabei nicht zu verwechseln mit Anwendungsfreiheit. Wie bei jeder Technologie gilt es dementsprechend, einerseits die Freiheit der Forschung zu gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch und Umwelt auszuschließen.

Hinsichtlich der neuen gentechnischen Methoden werden wir daher am strengen Zulassungsverfahren und am Vorsorgeprinzip festhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung, die unkontrollierbare Verbreitung ausschließt, sowie eine verbindliche Kennzeichnung, die gentechnikfreie Produktion und die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen schützt, nötig. Hierfür braucht es entsprechend eine Stärkung der Risiko- und Nachweisforschung.    

Mit freundlichen Grüßen

Harald Ebner

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Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

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