Frage an Harald Ebner von Sven R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Ebner,
vielen Dank für Ihre Bürgernähe. Bzgl. des ESM habe ich einige Anmerkungen:
Sie schreiben:
"Der ESM verfügt über einen festen Kapitalstock in Höhe von 80 Milliarden Euro und Garantien mit einem Wert von 700 Milliarden Euro. Weil die direkte Beteiligung Deutschlands mit 22 Milliarden Euro fest begrenzt ist, ist der ESM kein Fass ohne Boden."
Ich möchte hierbei auf ein äußerst kritisches Dokument eingehen:
Es kann nicht sein, dass Sie anhand der Tatsachen, festgelegt in den Artikeln des ESM und für jeden nachlesebar KEIN Fass ohne Boden erkennen?
Warum unterliegen Gouvernoure des ESM keiner Gerichtsbarkeit? Warum werden parlamentarische Kontrollen ausgesetzt bzw. stark begrenzt? Wer hat diesen Vertrag verfasst? Können Sie mir Namen nennen? Können Sie meinen Kindern erklären, warum Sie für die Schulden anderer Länder haften müssen? In Frankreich wurde das Renteneintrittsalter auf 60 Jahre GESENKT! Warum müssen Deutsche Wähler über ein Volk wie die Griechen entscheiden? Die wollen es nicht, wir wollen es nicht! Wo ist die demokratische Legitimität? Konzentriert auf einen Gouvernour - nochmal: OHNE Gerichtsbarkeit?
Mit freundlichen Grüßen
Sven Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
vielen Dank für Ihre Fragen zu den Mechanismen des ESM.
Sowohl beim ESM als auch beim Fiskalpakt hat sich die Grüne Bundestagsfraktion für starke Parlamentsrechte eingesetzt. Unser Prinzip lautet: Keine Entscheidung ohne parlamentarische Mitbestimmung! Die Obergrenze deutscher Gewährleistungen am ESM ist fest fixiert und kann nicht ohne die Zustimmung des Bundestags überschritten werden, wodurch Einzelrettungen zum Höchstpreis verhindert werden. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.06.2012 wurden die Rechte des Parlaments bei der Kontrolle des ESM nochmals gestärkt. Für folgende Entscheidungen in Fragen des ESM ist die Zustimmung des Plenums notwendig: Veränderung des Stammkapitals, Veränderung des maximalen Darlehensvolumens und der Änderung der Finanzhilfeinstrumente. Bevor ein Land unter den Rettungsschirm kommt, muss das Plenum sogar zweimal zustimmen. Grundsätzlich gilt: nur mit einem vorherigen zustimmenden Votum des Bundestages darf der deutsche Vertreter im Gouverneursrat einem entsprechenden Beschlussvorschlag zustimmen. Bevor der Finanzminister im Gouverneursrat einer Erhöhung des Geldvolumens zustimmt, muss der Deutsche Bundestag hierzu einen zustimmenden Beschluss fassen. Bei einer Verweigerung ist der Finanzminister gesetzlich verpflichtet die Aufstockung im Gouverneursrat abzulehnen. Ein deutliches Einbeziehen nationaler Parlamente und deren starke Beteiligung und Kontrolle der Mechanismen des ESM lassen für mich gerade nicht den Schluss zu, dass der ESM ein Fass ohne Boden darstellt.
Sie schreiben, dass Mitglieder des Gouverneursrat keinerlei Form von Gerichtsbarkeit unterworfen seien. Hier lohnt ein genauerer Blick auf die getroffenen Regelungen. Die Immunitäts-Regelungen für ESM-Angestellte orientieren sich an den Richtlinien für Angestellte der europäischen Institutionen. Diese genießen jedoch keine rechtliche Immunität als Privatpersonen. So auch für die Akteure des ESM, die Regeln zur Immunität beziehen sich, vergleichbar mit denen von Mitgliedern des Bundestages, lediglich auf ihre amtlichen Handlungen und erstrecken sich nicht auf strafbare Handlungen. Darüber hinaus ist dieser Schutz nicht dauerhafter Natur und kann durch den ESM aufgehoben werden. Auch der in Ihrem beigefügten Dokument erhobene Vorwurf der Steuerbefreiung von ESM-Bediensteten kann entkräftet werden. Die Regelung ist an die der EU angelehnt. Wie alle anderen auch zahlen diese Beamten Steuern. Ihre Einkommenssteuer fließt jedoch direkt in den Unionshaushalt, die Einkommenssteuer der ESM-Bediensteten fließt direkt in den ESM.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Ebner, MdB
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1
11011 Berlin