Portrait Harald Ebner mit blauem Hemd vor grünem Hintergrund. Lächelnd.
Harald Ebner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Matthias B. •

Frage an Harald Ebner von Matthias B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

In der Sendung Redezeit des NDR-Info und WDR5 gaben Sie heute an, dass Soja in Brasilien gentechnisch verändert wird und in den betroffenen Regionen vermehrt Mißbildungen vorgekommen sind.
Zumindest bis vor kurzem war Brasilien das Land, welches NICHT mit gentechnisch manipulierter Soja auf dem Markt war, im Gegensatz zu den USA und Argentinien, womit wir die 3 größten Sojaproduzenten gleich genannt haben.
Sollten Sie Informationen haben, dass die brasilianische Politik sich diesbezüglich geändert hat wäre es interessant zu wissen, auf welche Quellen Sie sich berufen.

Im Übrigen ist es interessant, zu sehen, wie eine offen mafiös arbeitende Firma in Deutschland überhaupt eine Zulassung bekommen kann. Wenn ich als italienischer Sicherheitsspezialist einer Pizzaria gegen Bezahlung Sicherheit anbiete, dann ist das doch nicht viel anders, als wenn ich Pflanzen anbiete, die gegen ein von mir verkauften Schädiger immun sind. Wie ist so etwas überhaupt möglich?

Portrait Harald Ebner mit blauem Hemd vor grünem Hintergrund. Lächelnd.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Börner,

vielen Dank für Ihre Frage an mich auf abgeordnetenwatch.de!

Meinem Kenntnisstand nach ist bereits im Jahr 2006 der Anbau von Gen-Soja in Brasilien legalisiert worden. Bereits vorher wurde mit eingeschmuggeltem Saatgut aus Argentinien gentechnisch veränderte (GV-) Soja in Brasilien illegal bzw. auf provisorischer gesetzlicher Grundlage (präsidiale Dekrete) angebaut. Im Jahr 2003 wurde erstmals der Verkauf von illegal angebauter GV-Soja freigegeben.

Mittlerweile wird der Anteil von GV-Soja in Brasilien auf 80 Prozent geschätzt. Eine schwedische Studie ergab, dass seit Einführung der GV-Soja die Aufwandmenge an Herbiziden pro Hektar um 50 Prozent zugenommen hat.

Quellen für diese Angaben finden Sie unter den folgenden Links (für alle Links gilt, dass deren Aussagen nicht unbedingt bzw. nicht in jedem Fall meine Position widerspiegeln müssen):
http://www.transgen.de/anbau/eu_international/159.doku.html
http://www.genfoodneindanke.de/wp/2011/08/brasilien-mehr-gen-soja-%E2%80%93-mehr-pestizide/

Bei entsprechender Nachfrage in Europa wäre eine Steigerung der Produktion von zertifiziert und kontrolliert gentechnikfreier Soja möglich, da bereits mehr Soja faktisch gentechnikfrei produziert als letztlich zertifiziert vermarktet wird. Erfreulicherweise stellen immer mehr Produzenten, insbesondere bei Milchprodukten, auf gentechnikfreie Erzeugung ohne Gentech-Futtermittel um.

Gesundheitsschäden, die wahrscheinlich auf die massive Steigerung der Verwendung von Agrargiften wie Glyphosat im Zusammenhang mit dem Anbau von gentechnisch veränderter Soja zurückgehen, sind in der argentinischen Provinz Gran Chaco durch Auswertung von Klinikdaten aus der Region nachgewiesen worden. Danach hat sich die Krebsrate bei Kindern unter 10 Jahren in nur 10 Jahren (2000-2009, Gemeinde La Leonesa) verdreifacht, bei Missbildungen von Neugeborenen hat sich die Rate in der Region Gran Chaco im gleichen Zeitraum sogar vervierfacht.

Genauere Informationen dazu in Englisch finden Sie unter dem Link
http://www.gmwatch.eu/index.php?option=com_content&view=article&id=12481:reports-official-report-confirms-correlation .

Unabhängige Studien deuten ebenfalls auf eine hohe Toxizität von Glyphosat hin, darunter die Studien von Carrasco und Seralini. Mehr Informationen sind unter folgendem Link zu finden:
http://www.keine-gentechnik.de/dossiers/roundup-und-gentechnik-pflanzen.html

Daher fordern wir Grüne eine umfassende Neubewertung von Glyphosat, eine Initiative Deutschlands für Aussetzung der Zulassung des Wirkstoffs auf EU-Ebene bis zum Abschluss dieser wissenschaftlichen Neubewertung und ein Verbot für die Anwendung von Glyphosat durch Private ohne Sachkunde (z.B. in Kleingärten, Fußwegen, Hausterrassen etc.). Den Antrag meiner Fraktion finden Sie unter

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/079/1707982.pdf

Mit freundliche Grüßen
Harald Ebner, MdB

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