Wie können Sie mit Migrando ein Interview führen, die Tausende von € für einen Einbürgerungsantrag von den Hilfesuchenden kassieren?
Sehr geehrter Herr Demir,
Diese Organisation ist nur auf finanziellen Gewinn aus. Ab 2000€ für eine Einbürgerung, die eigentlich 255€ kostet. Sollen sich nur noch Reiche die Einbürgerung leisten können? Sollen alle, die bereit und in der Lage sind, diese riesige Summe an Migrando zu zahlen bevorzugt eingebürgert werden? Und alle, die diese Summen nicht zahlen können warten dann noch viel länger?
Das ist sehr ungerecht. Freue mich sehr über Ihre Meinung dazu.
Sehr geehrte Frau S.,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift.
Die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist ein zentraler gesellschaftspolitischer Fortschritt der Ampel-Koalition. Die Mehrstaatigkeit für alle schafft endlich Gerechtigkeit, da es nicht mehr vom Herkunftsland abhängt, ob man die Mehrstaatigkeit in Anspruch nehmen darf oder nicht. Kürzere Einbürgerungsfristen zeigen ganz klar: wir wollen, dass Menschen, die nach Deutschland kommen, schnell gleichberechtigt dazugehören. Für diese Anliegen hat sich die SPD seit langem eingesetzt – gemeinsam mit Migrant:innenselbstorganisationen, Gewerkschaften und zahlreichen anderen Akteuren. Ich bin froh, dass ich als Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion an dieser Reform mitwirken durfte.
Ich sehe es dabei auch als meine Aufgabe an, die Fortschritte dieser Reform öffentlich zu erklären und einzuordnen – und damit auch dafür zu werben, dass Menschen die neuen Gesetze tatsächlich in Anspruch nehmen. Genau diesem Zweck diente auch mein Interview mit Migrando.
Eine Einschätzung dazu, ob die Anwaltshonorare von Migrando – im Vergleich zu anderen Fachanwält:innen – besonders hoch oder niedrig sind, treffe ich nicht. Es ist das gute Recht aller Einbürgerungsinteressierten, sich im Verfahren anwaltlich vertreten zu lassen oder eben den Einbürgerungsantrag selbstständig ohne anwaltliche Unterstützung zu stellen. Falls man sich für eine anwaltliche Vertretung entscheidet, liegt es in der Wahl des Einzelnen, welche Kanzlei man in Anspruch nimmt.
Wo ich Ihnen aber absolut Recht gebe: den Antrag mit anwaltlicher Unterstützung zu stellen, ist immer teurer als ein selbstständig gestellter Antrag. Es ist daher unerlässlich, dass die Einbürgerungsbehörden die Prozesse so transparent und verständlich aufsetzen, dass man nicht schon durch die Komplexität des Verfahrens auf Rechtsberatung angewiesen ist. Es liegt auch in der Pflicht der Behörden, Verfahren so schnell abzuwickeln, dass man gar nicht erst an den Punkt kommt, gegebenenfalls eine Untätigkeitsklage stellen zu müssen. Berlin geht die Rückstände in der Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen beispielsweise durch Zentralisierung, Digitalisierung und mehr Personal an. Dafür setze ich mich weiterhin auch bundesweit ein.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir