Wie hoch sehen Sie die Chancen, dass die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts nach dieser Legislaturperiode wieder rückgängig gemacht wird?

Sehr geehrter Herr W.,

herzlichen Dank für die unterstützende Zuschrift.

Dass es in Bezug auf die Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts sehr unterschiedliche Positionen - auch zwischen den demokratischen Parteien - gibt, haben die Debatten der letzten Monate gezeigt. Von daher stimme ich Ihnen zu, dass das Thema vielleicht auch in der nächsten Bundestagswahl und während der anschließenden Regierungsbildung wieder eine Rolle spielen wird. Es ist also wichtig, weiter für die positiven Effekte der Reform in Bezug auf die Offenheit unseres Landes, die demokratische Teilhabe und das gleichberechtigte Zusammenleben zu werben. 

Außerdem würde ich eine Unions-geführte Regierung nach der nächsten Wahl nicht als gegeben hinnehmen. Die nächste Bundestagswahl findet erst in 1 1/2 Jahren statt. Wie stark sich die politische Stimmung in dieser Zeit drehen kann, hat sich ja bei der letzten Bundestagswahl gezeigt, als Olaf Scholz und die SPD von April bis September mit einem auf Respekt in allen Gesellschaftsbereichen ausgerichteten Wahlkampf einen Rückstand von über 15 % auf die Union in eine knappe Führung drehen konnten. 

Ich erlebe auch gerade im Rahmen des Wiederholungswahlkampfs in Berlin, dass die Kernthemen der SPD - höhere Löhne, bessere staatliche Infrastruktur, ökologische Transformation sozial gestalten, Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt - weiterhin anschlussfähig sind und bei aller teils berechtigten Kritik an Kommunikation und Streit in der Ampel ein Sieg des "rechten Lagers" keinesfalls sicher ist. 

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir