Wenn man schon ca. 30 Jahre lang in Deutschland lebt, muss man dann trotzdem B1 nachweisen?
Sehr geehrte Frau A.,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift.
Die bloße Aufenthaltsdauer gilt nicht als Sprachnachweis. Allerdings gibt es für die lokalen Behörden verschiedene Möglichkeiten, wann auf einen Sprachnachweis verzichtet werden kann. Dies gilt zum Beispiel, wenn ein deutscher Schulabschluss bzw. eine Ausbildung oder ein Hochschulstudium auf deutsch vorliegen. Auch wenn die einbürgerungsinteressierte Person offensichtlich ein Sprachniveau in Höhe von B 1 oder besser hat und sich dies im Gespräch mit der zuständigen Behörde zeigt, kann auf das Zertifikat verzichtet werden. Bei einer Person, die schon 30 Jahre in Deutschland lebt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür ja relativ hoch.
Ohnehin anders gehandhabt werden die Sprachanforderungen mit dem neuen Gesetz, wenn ein Härtefall vorliegt. Bereits mit dem aktuellen Gesetz ist es so, dass die Behörden vom B 1-Sprachniveau absehen, wenn die Voraussetzung "wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann". Mit dem neuen Gesetz ist es so, dass unabhängig von Krankheit, Behinderung oder Alter ein Härtefall festgestellt werden kann. Dies gilt bei Personen, die trotz nachhaltiger Bemühungen das Sprachniveau nicht erreichen konnten - zum Beispiel im Fall von pflegenden Angehörigen, die aufgrund ihrer besonderen Situation die Prüfung nicht geschafft haben. Hier reichen dann mündliche Sprachkenntnisse für die Einbürgerung.
Details zu den Ausnahmemöglichkeiten in Ihrem Fall besprechen Sie am besten mit Ihrer zuständigen Behörde vor Ort oder mit einer ortskundigen Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (hier können Sie suchen, welche Beratungsstellen es in Ihrer Nähe gibt: https://bamf-navi.bamf.de/de/Themen/Migrationsberatung/).
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir