Welche Chancen haben Renter, die Leistungen vom Sozialamt beziehen und schon einen Antrag auf Einbüergerung gestellt haben? Wenn es bis 26.06.2024 nicht entschieden wird?
Sehr geehrter Herr Demir,
ich bin Rentner, 69 Jahre alt. Ich lebe seit 8 Jahren in Deutschland und beziehe aktuell Leistungen vom Sozialamt. Ich habe schon einen Antrag auf Einbürgerung in Berlin gestellt. Sie meinten, das neue Gesetzt tritt am 26.06.2024 in Kraft. Wenn es bis dahin mit der Einbürgerung nicht klappt, welche Chancen hätte ich noch? Muss ich wieder in diesem Alter arbeiten? Oder könnte es irgendwie über eine Härtefallkommission noch klappen? Könnten Sie mir bitte sagen, welche Lösungen gibt es?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr A.,
danke für Ihre Frage.
Die Staatsangehörigkeitsreform tritt zum 27. Juni in Kraft.
Personen, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Leistungen für Bildung und Teilhabe beziehen (SGB II) und Personen, die die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten oder Hilfe in anderen Lebenslagen (SGB XII) beziehen, sind damit von der Einbürgerung ausgeschlossen.
Dabei gibt es folgende Ausnahmen:
Personen, die die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II und SGB XII nicht zu vertreten haben, haben weiterhin einen Anspruch auf Einbürgerung. Das gilt für folgende Personengruppen:
- ehemalige Gast- und Vertragsarbeiter:innen und ihre Ehegatt:innen, die im zeitlichen Zusammenhang eingereist sind, die den Leistungsbezug nicht zu vertreten haben,
- in Vollzeit erwerbstätige Ausländer:innen, die dies innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 20 Monate waren,
- ausländische Ehepartner:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen, die mit einer in Vollzeit erwerbstätigen Person, die dies innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 20 Monate war, und einem minderjährigen Kind in familiärer Gemeinschaft leben
Personen, die nicht zu den oben genannten Personengruppen gehören, können bei Inanspruchnahme von Sozialleistungen eingebürgert werden, allerdings nach der sogenannten Ermessenseinbürgerung nach § 8 Staatsangehörigkeitsgesetz. Der Innenausschuss hat die Bundesregierung aufgefordert, die Anwendungshinweise und die Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsgesetz so zu ändern, dass für eben jene Personengruppen, die Härtefallregelung in § 8 StAG gilt, „wenn sie alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare unternommen haben, um ihren Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern“. Ganz konkret nennt der Entschließungsantrag des Bundestags folgende Gruppen: Rentenbezieher:innen, Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und Alleinerziehende, die wegen Kinderbetreuung nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätig sein können, pflegende Angehörige, Schüler:innen/Auszubildende/Studierende, die, ggf. ergänzende Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen, oder bei denen der elterliche Unterhaltsanspruch wegen des SGB-Leistungsbezugs der Eltern/des maßgeblichen Elternteils ins Leere geht.
Wie Ihr Fall bewertet wird, hängt von Ihrer Einbürgerungsbehörde ab. Nehmen Sie gerne den direkten Kontakt auf, um Ihren konkreten Fall zu schildern.
Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir