Unterstützen Sie den Antrag, die AfD vom BVerfG verbieten zu lassen?
Sehr geehrte Frau K.,
danke für Ihre Frage.
Die AfD und ihre Vertreter:innen vertreten rechtsextreme und verfassungsfeindliche Positionen. Der programmatischen Ausrichtung der AfD liegt ein national-völkisch geprägtes Verständnis des Volksbegriffs zugrunde, der Menschen aufgrund rassistischer Kriterien in ihrer Wertigkeit unterscheidet. Ihre Mitglieder und die ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ stehen im offenen und engen Austausch mit rechtsextremen Kreisen. Es ist richtig, dass der Verfassungsschutz in Bund und in den Ländern die AfD beobachtet und sie als rechtsextremen Verdachtsfall, teilweise sogar als gesichert rechtsextrem einstuft.
Auch die Möglichkeit einen Antrag auf Prüfung der Verfassungskonformität einer Partei beim Bundesverfassungsgericht zu stellen, ist wesentlicher Bestandteil unserer wehrhaften Demokratie. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben den Artikel 21 als Lehre aus dem Nationalsozialismus geschaffen. Sie haben uns damit eine Maßnahme an die Hand gegeben, wenn die Antidemokraten in Deutschland wieder erstarken. Als Sozialdemokratie stehen wir in der Tradition des Kampfes gegen den Faschismus und an der Seite der Millionen Menschen aus der Zivilgesellschaft, die deutlich gemacht hat: „Nie wieder ist jetzt!“.
In den vergangenen Monaten kamen die Kreml-Verbindungen, die Vertreibungspläne von Migrant:innen und Deutschen sowie die Wahlen von gesichert rechtsextremen Akteuren hinzu. Die Millionenfache „Remigration“ von Menschen kommt der Abschaffung der Demokratie gleich. 100 Rechtextreme arbeiten für Bundestagsabgeordnete der AfD. Wir haben eine ehemalige Richterin und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die in Untersuchungshaft sitzt. Ihr wird vorgeworfen ein Teil der Reichsbürger-Gruppe um Heinrich VIII. Prinz Reuß zu sein und das Ziel gehabt zu haben, eine bewaffnete Stürmung des Bundestags, um Abgeordnete festzunehmen und einen Systemsturz herbeizuführen. Die rechtsextreme AfD, ihre Mandatsträger:innen und deren Mitarbeiter:innen beziehen jährlich Hunderte Millionen Euro aus Steuergeldern. Damit finanziert der Staat indirekt ein rechtsextremes Netzwerk, dessen Mitglieder tagtäglich unsere Demokratie schwächen und in ihrer Existenz bedrohen.
Daher ist es an der Zeit, eine Vorprüfung über die Verfassungskonformität der AfD einzuleiten - auch jetzt unter der aktuellen Situation mit vorgezogenen Neuwahlen. Wir haben keine andere Möglichkeit, uns gegen Demokratiefeinde zu wehren, die demokratische Strukturen nutzen, um sie letztendlich zu zerstören. Wir müssen diese Möglichkeit jetzt nutzen. Deswegen habe ich mich dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag im Bundestag angeschlossen, einen Antrag auf Überprüfung der Partei beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Mehr dazu finden Sie hier: https://www.rnd.de/politik/afd-verbot-so-soll-es-mit-dem-bundestagsantrag-weitergehen-WPVTKM5VRNAYFIU3PAYZSIKL4Q.html. Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitet derzeit ebenfalls an einem Gutachten und geht der Frage nach, ob die ganze Partei als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft werden kann.
Ein Parteiverbotsverfahren ist eine Möglichkeit, ein weiteres Erstarken der AfD und ihres rassistischen Gedankenguts zu verhindern. Doch die Hürden für ein Parteiverbotsverfahren sind hoch, das hat der Umgang mit der NPD gezeigt. Der Unterschied ist: Die AfD ist, anders als die NPD, keine bedeutungslose Partei. Sie ist in der Lage, ihre menschen- und verfassungsfeindliche Ideologie umzusetzen, das zeigen nicht zuletzt die sehr hohen Umfragewerte und auch Wahlergebnisse.
Für ein Parteiverbotsverfahren, welches sich über Jahre ziehen wird, benötigen wir ein Höchstmaß an Rechtssicherheit. Diese Rechtssicherheit brauchen wir auch mit Blick auf Art. 18 Grundgesetz, wonach eine Grundrechtsverwirkung von einzelnen Teilen der AfD möglich sein kann, z.B. für Björn Höcke oder andere Politiker. Ein rechtliches Scheitern können wir in beiden Fällen nicht leisten. Fest steht: Eine solche Prüfung dieser Verbotsverfahren muss erfolgen.
Rechtsextremismus, Rassismus und Hass haben bei uns keinen Platz. Darüber kann nicht verhandelt werden. Deswegen haben wir ein breites Bündel an Maßnahmen, um dagegen anzukämpfen: Dazu zählen die Verschärfung des Waffenrechts, die Überwachung von rechtsextremistischen Finanzströmen, die Entfernung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst, Ausbau von Beratungs- und Ausstiegsstellen, Stärkung von politischer Bildung und die Umsetzung des Demokratiefördergesetzes, nur um ein paar zu nennen. Es ist meiner Meinung nach besonders wichtig, Mittel in der Demokratieförderung und Präventionsarbeit aufzustocken. Bildungsarbeit darf nicht am Geld scheitern, hier müssen wir weiter nachhaltig in unsere Demokratie investieren.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir