Hakan Demir
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SPD
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Frage von Kai W. •

Sehr geehrter Herr Demir, unterstützen Sie die Waffenlieferungen von Deutschland an Israel oder lehnen Sie diese ab?

Hakan Demir
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

danke für Ihre Frage.

Für jeden Staat gilt das Selbstverteidigungsrecht. Entsprechend darf sich Israel gegen die Bedrohung der terroristischen Hamas und anderer Akteure in der Region, die das Land weiterhin jeden Tag angreifen, zur Wehr setzen und seine Geiseln befreien. Dabei verlangt das Völkerrecht – wie bei jeder kriegerischen Auseinandersetzung – den größtmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung und die vollständige Achtung des humanitären Völkerrechts. 

Rund ein Jahr später blicken wir nun auf einen militärischen Gegenschlag Israels, in dem inzwischen nach schwer zu prüfenden Angaben über 40.000 Menschen in Gaza getötet wurden, darunter viele Frauen und Kinder. Ein großer Teil der Infrastruktur Gazas ist zerstört. Es gibt zu wenig Nahrung, Wasser, Arzneimittel. Viele Menschen müssen in Zelten leben, ohne funktionierende Sanitärsysteme, Krankheiten häufen sich. Kurzum: Die humanitäre Situation in Gaza ist katastrophal.

Fest steht: Wir sind verpflichtet zu handeln, um dieser Situation ein Ende zu setzen. Dazu gehört an erster Stelle, dass die Kampfhandlungen eingestellt werden müssen und es einen Waffenstillstand gibt. Denn wir befinden uns akut in einer Situation, in der das Leid mit jedem Tag, an dem der Krieg fortgesetzt wird, so viel größer wird, dass wir sagen müssen: Wir werden die gemeinsamen Ziele – Freilassung der Geiseln, Sicherheit für Israel, Zweistaatenlösung und einen gerechten Frieden für beide Seiten – nur auf dem Verhandlungsweg erreichen. Bis dahin muss die humanitäre Unterstützung weiterhin massiv ausgebaut werden, die Menschen benötigen ausreichenden und gesicherten Zugang zu Nahrung und Medikamenten. 

Es stellt sich die Frage, wie Deutschland und seine internationalen Partner bestmöglich Einfluss nehmen, damit diese Ziele erreicht werden. Der US-amerikanische Präsident Joe Biden hat mehrmals auf die desaströse humanitäre Lage und das Leid der Zivilbevölkerung hingewiesen. Die USA, Israels stärkster und wichtigster Bündnispartner, haben bereits bestimmte Waffenlieferungen wie schwere Bomben eingestellt. Weitere Einschränkungen wurden angekündigt. Und auch Länder wie Kanada, Australien und Neuseeland haben Waffenlieferungen bereits eingeschränkt. Es stellt sich also auch die Frage nach deutschen Waffenlieferungen nach Israel.

Seit Jahresbeginn 2024 wurden die Rüstungsexporte nach Israel extrem eingeschränkt, es wurden keine Kriegswaffen mehr geliefert und nur noch Rüstungsgüter wie Helme im geringen Umfang. Seit August wurden die Exporte wieder erweitert. Hier muss man jedoch unterscheiden zwischen Kriegswaffen und Rüstungsgütern. So werden vor allem Zulieferer- und Ersatzteile geliefert.

Für mich persönlich ist klar: Jede Waffenlieferung muss im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht stehen. Israel hat der Bundesregierung eine schriftliche Garantie gegeben, dass die gelieferten Militärgüter im Kampf gegen die Hamas und Hisbollah nicht völkerrechtswidrig eingesetzt werden.

An dieser Garantie habe ich erhebliche Zweifel. Der Krieg zieht sich von Tag zu Tag, die Geiseln wurden immer noch nicht befreit und es sterben weiterhin unschuldige und ungeschützte Menschen in Gaza. Das darf so nicht weitergehen. Deutsche Waffenlieferungen dürfen nicht gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden und zu einem noch größeren Leid der Menschen führen. Entsprechend sehe ich die Lieferung von Kriegswaffen zum jetzigen Zeitpunkt nach Israel als nicht richtig an.

Gleichzeitig arbeitet Deutschland gemeinsam mit weiteren Staaten wie auch den USA daran, zu einer friedlichen Lösung zu kommen. Der Nahostkonflikt dauert bereits lange an, er ist komplex und vielschichtig. Es muss deswegen immer um mehr gehen als um die kurzfristige Eindämmung des Konflikts. Es muss um ein glaubwürdiges Eintreten für einen dauerhaften und gerechten Frieden gehen.

Ich glaube, dass es Millionen von Menschen gibt, die differenziert über den Nahost-Konflikt denken. Ihre Stimmen werden nicht immer wahrgenommen. Es gibt Menschen, die im Hintergrund für die Verständigung arbeiten – jeden Tag. Ihre Arbeit ist unbezahlbar und wir brauchen mehr davon.

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir

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