Hakan Demir
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SPD
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Frage von Moustafa H. •

Hat das von der FDP letzte Woche vorgelegte Papier die Ressortabstimmung und damit den Kabinettsbeschluss verzögert?

Sehr geehrte Herr Demir ,
Hat das von der FDP letzte Woche vorgelegte Papier die Ressortabstimmung und damit den Kabinettsbeschluss verzögert?
Und halten Sie es für sinnvoll, die andere Staatsangehörigkeit ab der Enkelgeneration aufzugeben? Oder sollte man dies bis zur dritten Generation hinauszögern, damit diese Generation vollständig in die deutsche Gesellschaft integriert ist und keine Wurzeln und Verbindungen mehr zum Herkunftsland hat?
Ich Freue mich auf Ihre Antwort.

Hakan Demir
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

als zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für das Staatsangehörigkeitsrecht setze ich mich dafür ein, dass der Zugang zur Staatsangehörigkeit deutlich erleichtert wird. Zentrale Bausteine sind dabei die generelle Ermöglichung der Mehrfachstaatsangehörigkeit und die Absenkung der Fristen für die Einbürgerung und für den Erwerb der Staatsangehörigkeit für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern.

Wie Sie zu Recht anmerken, hat das FDP-Papier einige Themen aufgeworfen, die innerhalb der Koalition anders gesehen werden. Die FDP möchte zum Beispiel die Ausnahme bei der Lebensunterhaltssicherung streichen. Ich setze mich konsequent gegen diesen Vorschlag ein.

Bereits jetzt ist es so, dass die Sicherung des Lebensunterhalts eine Voraussetzung zur Einbürgerung ist. Es gibt aber auch begründete Ausnahmen, nämlich dann, wenn die Person den Bezug von Sozialleistungen nicht selbst zu vertreten hat. Das ist pragmatisch und erlaubt es den Behörden, der Situation im Einzelfall gerecht zu werden. Die Ausnahmen gelten beispielsweise für Menschen, die durch die Insolvenz ihres Arbeitgebers arbeitslos werden, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern oder die im Rahmen einer Ausbildung den Lebensunterhalt nicht vollständig decken können.

Keiner dieser Fälle sollte dazu führen, dass Menschen, die ja sonst alle anderen Voraussetzungen erfüllt haben müssen, an der Einbürgerung und damit zum Beispiel auch an der Teilnahme an Wahlen gehindert werden. Das würde der Lebensrealität vieler Menschen nicht gerecht werden.

Zu Ihrer Frage zur Mehrfachstaatsangehörigkeit in der Enkelgeneration: Ob und wie lange Nachfahren von Auswanderer:innen die Weitergabe der Staatsangehörigkeit erlaubt wird, ist eine Frage, die jeder Staat für sich entscheiden muss. Klar ist: Herkunftsländer beschränken auf unterschiedliche Art und Weise die Vererbung der Staatsangehörigkeit bei ausgewanderten Menschen. Deutschland sollte jedoch keine eigenen Begrenzung für die Nachfahren von Einwanderer:innen setzen. Dies wäre eine Optionspflicht durch die Hintertür. Sie würde jungen Menschen erneut die Entscheidung aufzwingen, sich zwischen dem Land ihrer Vorfahren und dem Land, in dem sie selbst geboren und aufgewachsen sind, zu entscheiden. Nach wie vielen Generationen man sich dem Land der Vorfahren so verbunden fühlt, dass man weiterhin die Staatsangehörigkeit dieses Landes anstrebt, ist eine individuelle Entscheidung. Diese Entscheidung sollte keinen Einfluss auf die deutsche Staatsangehörigkeit – und damit auch das Wahlrecht hier in Deutschland – haben. Denn verschiedene Identitäten und Verbundenheit zu mehreren Ländern stehen der Zugehörigkeit zu Deutschland meiner Ansicht nach nicht im Wege.

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir

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