Hakan Demir
Hakan Demir
SPD
45 %
/ 11 Fragen beantwortet
Frage von Rita H. •

Daueraufenthalt ohne B1 da Analphabeth: Ist es wirklich nicht möglich, nach 10 Jahren Arbeit einen Daueraufenthalt zu bekommen , wenn der Antragsteller Analphabeth ist und es ihm mit 54 Jahren nicht gelingt, die B1 Prüfung zu bestehen?

Sehr geehrter Herr Demir,
54jähriger Senegalese seit 2015 in der BRD in Dauerbeschäftigung, zuvor 15 Jahre mit Daueraufenthalt in Italien will jetzt nach 10 Jahren Daueraufenthalt für BRD beantragen, hat aber B1 Sprachtest nie bestanden, da Analphabeth, Nieveu war zu hoch...Behörde verlangt Attest von Arzt , lehnt Hausarztattest ab, verlangt Psychiater Attest...dieses lehnen Psychiater ab wir konnten keinen finden, der uns ein Attest über Analphabethismus ausfüllt.
Ist es wirklich nicht möglich, nach 10 Jahren Arbeit einen Daueraufenthalt zu bekommen , wenn der Antragsteller Analphabeth ist und es ihm mit 54 Jahren nicht gelingt, die B1 Prüfung zu bestehen??? Vielen Dank R.H.

Hakan Demir
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau H.,

herzlichen Dank für Ihre Zuschrift und den geschilderten Fall. 

Bei 10 Jahren Aufenthalt kommt sowohl die Beantragung einer Niederlassungserlaubnis als auch die Einbürgerung in Betracht. 

Beide Wege erfordern Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1, beide Wege erlauben aber auch Ausnahmen, wenn das Sprachniveau aus nachvollziehbaren Gründen nicht erreicht. Dies ist aus meiner Sicht auch richtig. Denn während es verständlich ist, dass für den dauerhaften Aufenthalt ein gewisses Sprachniveau erreicht werden sollte, muss es auch immer die Möglichkeit geben, dass Behörden vor Ort auf Schwierigkeiten reagieren, die sich für manche Menschen bei der Erfüllung der Voraussetzungen stellen.

In beiden Fällen sind Ausnahmen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung vorgesehen. Die Niederlassungserlaubnis beinhaltet schon seit längerem eine allgemeine Härtefallregelung. Bei der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts war es ein großer Erfolg, auch für die Einbürgerung eine allgemeine Härtefallregelung zum Spracherwerb einzufügen (§ 10 Absatz 4a Staatsangehörigkeitsgesetz). Es heißt jetzt "Zur Vermeidung einer Härte kann die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 darauf beschränkt werden, dass sich der Ausländer ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen kann, wenn er nachweist, dass ihm der Erwerb ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache nach Absatz 4 Satz 1 trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht möglich ist oder dauerhaft wesentlich erschwert ist.". 

Diese Regelung könnte auch im geschilderten  Fall eine Lösungsmöglichkeit darstellen, wenn die Person sich entsprechend mündlich verständigen kann und mit dem Nachweis über einen mehrfach erfolglos absolvierten Sprachkurs nachgewiesen werden kann, dass die geforderten "ernsthaften und nachhaltigen Bemühungen" zum Deutschlernen erbracht wurden. Wichtig ist hierbei auch: Wenn die Haupt-Hürde zum Erlernen der deutschen Sprache im Analphabetismus liegt, muss auch nachgewiesen werden, dass versucht wurde, den Analphabetismus zu überwinden. 

Für die konkrete Prüfung Ihres Falls würde ich eine anwaltliche Beratung oder den Rat einer sogennanten Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) empfehlen. (Wohnort-nahe Beratungsstellen finden sich hier: https://bamf-navi.bamf.de/de/Themen/Migrationsberatung/) 

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir 

Was möchten Sie wissen von:
Hakan Demir
Hakan Demir
SPD