Einbürgerungs: Ich bin zu 30 Prozent behindert, meine Frage ist, ob ich Anspruch auf Einbürgerung habe?
Guten Tag Herr Demir.
Ich bin zu 30 Prozent behindert, meine Frage ist, ob ich Anspruch auf Einbürgerung habe?

Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Ein Einbürgerungsanspruch besteht nur, wenn alle Voraussetzungen für die sogenannte Anspruchseinbürgerung nach § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes vorliegen. Dazu gehören u.a. die eigene Lebensunterhaltssicherung, ein Voraufenthalt von 5 Jahren in Deutschland, Straffreiheit, ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie gute Deutschkenntnisse (Niveau B1). Beim Landesamt für Einwanderung des Landes Berlin findet Sie einen sehr hilfreichen Online-Check zu diesen Voraussetzungen: https://liste-antraege-bc01.bda.service.berlin.de/intelliform/assistants/intelliForm-Mandanten/default/Assistants-Dialoge/LEA/EinbuergerungQuickCheck/dialog;jsessionid=_u0tsEiI3rfhjB7a5rrvHN_2OCtWfB4kxrwMYu_v.BDA02?state=f67a39c061964db&cc=UxUlPavU8PrYssV01L3H8_5l3uCsGX2nNGojG5dH-0
Im Grundsatz müssen alle Einbürgerungsinteressierte diese Voraussetzungen erfüllen. Bei Menschen mit Behinderung wird aber von den Sprachanforderungen und vom Bestehen eines Einbürgerungstests abgesehen, wenn die Behinderung ausschlaggebend dafür ist, dass die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt werden können.
Bei der Lebensunterhaltssicherung ist es seit der Reform des letzten Jahres so, dass für die Anspruchseinbürgerung auch Menschen mit Behinderung die Voraussetzungen vollständig erfüllen müssen. Ausnahmen gibt es nur für Menschen, die trotz Vollzeit-Arbeit Sozialleistungen beziehen (also aufstocken müssen) oder Gastarbeiter:innen, die unverschuldet Sozialleistungen beziehen.
Sollten Sie wegen Ihrer Behinderung nicht in Vollzeit arbeiten können und daher teilweise oder vollständig auf Sozialleistungen (SGB II) angewiesen sein, dann besteht immer noch die Möglichkeit der Ermessenseinbürgerung. Hier hat die SPD sich bei der letzten Reform dafür eingesetzt, dass die Ermessenseinbürgerung stärker für Menschen geöffnet wird, die unverschuldet ihren Lebensunterhalt nicht decken können. Dazu gehören neben Alleinerziehenden, pflegenden Angehörigen oder Studierenden auch explizit Menschen mit Behinderung. (hier die entsprechende Entschließung des Innenausschusses: Drucksache 20/10093) Denn es ist aus meiner Sicht richtig, dass auch Menschen, die alle Voraussetzungen erfüllen und nur aktuell ihren Lebensunterhalt aus guten Gründen nicht decken können, eingebürgert werden können, um gleichberechtigt in unserem Land leben zu können. Wichtig ist dabei immer, dass Sie nachweisen können, dass Sie alles versuchen, um ihren Lebensunterhalt selbst zu decken - Ihre Lebensumstände ihnen dies aber aktuell nicht erlauben.
Wie Sie sehen, stehen Menschen mit Behinderung also alle Einbürgerungswege offen, die auch für Menschen ohne Behinderung gelten - und es gibt einige Erleichterungen, die vielleicht in ihrem Fall eine Einbürgerung ermöglichen.
Zur weiteren Prüfung Ihres Falls empfehle ich den oben verlinkten Quick-Check, ein Gespräch mit ihrer lokalen Einbürgerungsbehörde oder eine Beratung bei einer sogenannten Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE). Die Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie hier: https://bamf-navi.bamf.de/de/Themen/Migrationsberatung/
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir