Halten Sie ein Verbotsverfahren gegen die AFD für zwingend, um rechte und faschistische Bestrebungen einzudämmen,oder gibt es Ihrer Ansicht nach Mittel, die geeigneter oder zusätzlich notwendig sind?
Sehr geehrter Herr Demir,
Die als rechtsextrem eingestufte und vom Verfassungsschutz beobachtete Partei AFD überschreitet regelmäßig die Grenzen der Demokratie und verhält sich offen verfassungsfeindlich.
Die jetzt bekannt gewordenen "Geheimpläne" der AfD zeigen deutlich, wohin die Reise gehen wird, wenn wir als Demokraten tatenlos bleiben und nur zuschauen, wie diese Rechtspopulisten weiter Bürger mit falschen Behauptungen und Versprechen als Wähler und Mitglieder gewinnen.
Was können wir, die Politik, aber auch jeder Einzelne tun, um die Demokratie zu schützen?
Grosse Demonstrationen wie jetzt aktuell sind ein guter Anfang, reichen aber natürlich nicht aus. Was tun?
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ich teile Ihre Sorgen. Die AfD vertritt rechtsextreme und verfassungsfeindliche Positionen. Ihre Mitglieder und die ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ stehen im offenen und engen Austausch mit rechtsextremen Kreisen. Es ist richtig, dass der Verfassungsschutz in Bund und in den Ländern die AfD beobachtet und sie als rechtsextremen Verdachtsfall, teilweise sogar als gesichert rechtsextrem einstuft. Ein Verfahren, wonach die ganze Partei als Verdachtsfall eingestuft werden kann – und damit auch der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlaubt sind – , liegt derzeit noch am Oberverwaltungsgericht Münster und wird Mitte März entschieden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitet derzeit ebenfalls an einem Gutachten und geht der Frage nach, ob die ganze Partei als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft werden kann.
Ein Parteiverbotsverfahren ist eine Möglichkeit, ein weiteres Erstarken der AfD und ihres rassistischen Gedankenguts zu verhindern. Doch die Hürden für ein Parteiverbotsverfahren sind hoch, das hat der Umgang mit der NPD gezeigt. Der Unterschied ist: Die AfD ist, anders als die NPD, keine bedeutungslose Partei. Sie ist in der Lage, ihre menschen- und verfassungsfeindliche Ideologie umzusetzen, das zeigen nicht zuletzt die sehr hohen Umfragewerte.
Für ein Parteiverbotsverfahren, welches sich über Jahre ziehen wird, benötigen wir ein Höchstmaß an Rechtssicherheit. Diese Rechtssicherheit brauchen wir auch mit Blick auf Art. 18 Grundgesetz, wonach eine Grundrechtsverwirkung von einzelnen Teilen der AfD möglich sein kann, z.B. für Björn Höcke. Ein rechtliches Scheitern können wir in beiden Fällen nicht leisten. Fest steht: Eine solche Prüfung dieser Verbotsverfahren muss erfolgen.
Rechtsextremismus, Rassismus und Hass haben bei uns keinen Platz. Darüber kann nicht verhandelt werden. Deswegen haben wir ein breites Bündel an Maßnahmen, um dagegen anzukämpfen: Dazu zählen die Verschärfung des Waffenrechts, die Überwachung von rechtsextremistischen Finanzströmen, die Entfernung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst, Ausbau von Beratungs- und Ausstiegsstellen, Stärkung von politischer Bildung und die Umsetzung des Demokratiefördergesetzes, nur um ein paar zu nennen. Es ist meiner Meinung nach besonders wichtig, Mittel in der Demokratieförderung und Präventionsarbeit aufzustocken. Bildungsarbeit darf nicht am Geld scheitern, hier müssen wir weiter nachhaltig in unsere Demokratie investieren.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir