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Frage von Matthias S. •

Frage an Gudrun Kopp von Matthias S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Gudrun Kopp!

Wissen Sie, dass Sie als Abgeordnete und Staatsekretärin eine besondere Verantwortung auch für Menschen in anderen Ländern haben? Vor wenigen Tagen hat sich die Nuklearkatastrophe von Fukushima gejährt. Die auch von Ihnen mitgetragene Bundesregierung hat daraufhin die Laufzeitverlängerung der deutschen AKWs zurückgenommen und einen Ausstieg bis 2022 beschlossen.

In diesem Monat können Sie, Frau Kopp, als Staatsministerin im Bundesministerium
für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, daran mitwirken, dass die Bundesrepublik Deutschland den Bau eines neuen Atomkraftwerkes in Brasilien in der Stadt Angra dos Reis durch eine Exportgarantie („Hermes- Bürgschaft“) ermöglicht. Sie können es geschehen lassen oder auch die Möglichkeit nutzen, das zu verhindern. Haben Sie darüber bereits entschieden? Wie werden Sie Ihrer großen Verantwortung in dieser Frage gerecht werden?

Der Bau dieses geplanten neuen Atomkraftwerkes ist aus verschiedenen wissenschaftlich nachgewiesenen Gründen auch für Brasilien unverantwortlich. Ich bitte Sie darum als Abgeordnete meines Wahlkreises und als Staatsministerin im Entwicklungsministerium:
· Helfen Sie dabei, ein neues Atomkraftwerk mit deutschem Geld in Brasilien zu verhindern!
· Widerrufen Sie in Wahrnehmung Ihrer Verantwortung für das Leben und Wohlergehen der Menschen in Brasilien die von Deutschland ausgesprochene Exportbürgschaft für Angra 3!
· Schließen Sie am besten grundsätzlich aus, dass der Export von Atomtechnologie
von Deutschland aus weiter subventioniert wird.

In Lippe haben wir mit dem Atomausstieg bereits gut begonnen. Unsere Stadtwerke in Bad Salzuflen verzichten z.B. seit Jahresbeginn auf die Einspeisung von Strom, der in Atomkraftwerken erzeugt wurde. Unterstützen Sie bitte diese vorbildliche Politik Ihrer Parteifreunde und der örtlichen Stadtwerke in Ihrem Wahlbezirk.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Schmidt, Bad Salzuflen-Schötmar

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Mail zur Frage einer Exportkreditgarantie für Lieferungen und Leistungen an das Kernkraftwerk Angra 3 in Brasilien.

Das brasilianische Kernkraftprojekt Angra ist bereits seit den 1970er Jahren in Planung. Der Reaktor Angra I ging 1982 ans Netz, Angra 2 folgte im Jahr 2000. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten Brasiliens wurde Ende der 1980er Jahre der Bau von Angra 3 ausgesetzt. Die Fertigstellung von Angra 3 ist nunmehr für 2015 geplant. Ein in Deutschland ansässiges Unternehmen hat einen Antrag auf Übernahme einer Exportkreditgarantie für Lieferungen und Leistungen zur Fertigstellung des Kernkraftwerks Angra 3 in Brasilien gestellt.

Die Unterstützung deutscher Unternehmen durch Exportkreditgarantien (sog. Hermesdeckungen) ist ein bedeutsames Instrument der Außenwirtschaftsförderung der Bundesregierung. Export¬kreditgarantien sind "Versicherungen" für Exportgeschäfte, mit denen ein Zahlungsausfall aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen abgesichert wird. Das deutsche Unternehmen muss für diese Versicherung eine angemessene Prämie bezahlen.

Die Bundesregierung hat den Antrag auf Übernahme einer Exportkreditgarantie für Lieferungen und Leistungen zum Projekt Angra 3 intensiv geprüft. Nach Unterrichtung des Haushaltsausschusses am 27. Januar 2010 hat der Interministerielle Ausschuss für Exportkreditgarantien (IMA) am 1. Februar 2010 eine Garantieübernahme grundsätzlich gebilligt. Die Grundsatzzusage wurde zunächst zweimal unverändert jeweils um ein halbes Jahr verlängert.

Einen weiteren Antrag auf Verlängerung hat die Bundesregierung - nach Befassung des Haushaltsausschusses am 21. September 2011 - positiv entschieden. Die Entscheidung sieht dabei zusätzliche Auflagen für die Betreiber vor. Eine wichtige Rolle für die Entscheidung hat gespielt, dass der Bau von Angra 3 fest in die Planungen für die brasilianischen Stromversorgung einkalkuliert ist.

Die Grundsatzzusage wurde am 22. März 2012 aufgrund unveränderter Sach- und Rechtslage nochmals verlängert. Die Bundesregierung kann erst über eine endgültige Zusage entscheiden, wenn ein weiteres unabhängiges Gutachten vorgelegt wird. Darin soll festgestellt werden, ob und wie die Erkenntnisse aus der Havarie von Fukushima beim Bau des KKW Angra 3 berücksichtigt werden. Ersteller dieses Gutachtens ist das Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec), das auch in anderen Fällen für die Bundesregierung als Gutachter tätig ist.

Die NROs Urgewald und Greenpeace haben bei brasilianischen Nuklearexperten zwei Alternativ-Gutachten in Auftrag gegeben und am 7. März 2012 Mitgliedern des IMA vorgestellt. Die Bundesregierung wird das ISTec-Gutachten - sobald es vorliegt - auch im Lichte der Erkenntnisse aus den Alternativ-Gutachten bewerten.

Während Exportkreditgarantien von grundsätzlich von jedem deutschen Unternehmen in Anspruch genommen werden können, solange bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in Entwicklungsländern einzelne Projekte und Programme in ausgewählten Schwerpunkten. Die Kernenergie wird von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht gefördert. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fördert vielmehr erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Diese Haltung vertrete ich auch mit großem Nachdruck in meiner Position als Gouverneurin, d.h. als ranghöchste deutsche Vertreterin, in den großen Regionalen Entwicklungsbanken, konkret der Asiatischen Entwicklungsbank, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank. So habe ich zuletzt im Rahmen der Diskussionen der Energiesektor-Strategien der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank deutlich erklärt, dass ein Einstieg der multilateralen Entwicklungsbanken in die Finanzierung oder anderweitige Förderung von Nuklearenergie-Projekten für uns nicht akzeptabel ist.

Es bleibt jedoch die souveräne Entscheidung der brasilianischen Regierung, über den eigenen Energiemix und damit die Fertigstellung von Angra 3 zu bestimmen.

Freundliche Grüße

Gudrun Kopp