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Frage von Matthias S. •

Frage an Gudrun Kopp von Matthias S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Kopp,

als Pfarrer ihres Bundestagswahlkreises habe ich mich für die Einführung der Finanztransaktionssteuer eingesetzt. Die Informationen darüber finden Sie auf der Homepage http://www.steuer-gegen-armut.org/ . Ich unterstütze die Initiative des Jesuitenpaters Jörg Alt, der die Petition vorbereitet hat. Ich möchte Sie bitten dieses Anliegen, das auch von unserm Bundespräsidenten und der neuen EKD-Ratsvorsitzenden unterstützt wird, in Ihrer Partei, in der Bundesregierung und international mit voranzutreiben.

Das Konzept der Finanztransaktionssteuer geht auf die "Tobin-Steuer" zurück. Anders als diese sieht es aber nicht nur vor, Währungsspekulationsgeschäfte mit einer (geringen) Abgabe zu belegen, sondern jede Art von Transaktionen, die auch für Spekulationen geeignet sind - also etwa Geschäfte mit Währungen, Aktien, Investmentfonds oder Rohstoffen. Der Steuersatz soll dabei sehr gering sein, die Kampagne "Steuer gegen Armut" schlägt einen Satz zwischen 0,01 und 0,1 Prozent des umgesetzten Betrags vor. Somit fiele die Steuer bei langfristigen Investitionen etwa in Unternehmensanteile so gut wie gar nicht ins Gewicht; kurzfristige Spekulanten, die oft innerhalb eines Tages zahlreiche An- und Verkäufe tätigen, um von kleinsten Kursschwankungen zu profitieren, würden dagegen spürbar zur Kasse gebeten. Weder kleine Sparer noch der deutsche Mittelstand hätten also irgendwelche Nachteile oder Belastungen zu befürchten. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich diesem Unterstützerkreis anschließen könnten.

Wie erklären Sie sich die Widerstände aus der FDP, wenn die breite Wählerschaft der Partei keine Nachteile zu befürchten hat? Was spricht aus Ihrer Sicht gegen die Steuer? Kennen Sie Interessengruppen, die eine Einführung dieser Steuer verhindern könnten? Gibt es Abgeordnete oder Minister der Regierungsparteien, die sich solchen Interessen verpflichtet fühlen könnten?

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Schmidt, Schötmar

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage zur Finanztransaktionssteuer.

Wie Sie selbst schreiben, geht die Idee einer Steuer auf internationale Devisentransaktionen auf James Tobin (1918-2002) zurück, der damit die kurzfristige Spekulation auf Währungsschwankungen eindämmen wollte. Später distanzierte er sich selbst von der Tobin-Steuer, da sie von Globalisierungskritikern vereinnahmt wurde und die Erzielung zusätzlicher Einnahmen in den Vordergrund rückte.

Die Transaktionssteuer ist nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags; die derzeitige Bundesregierung ist vielmehr angetreten, um Steuern zu senken und nicht, um neue zu erheben. Wer sich für die Finanztransaktionssteuer einsetzt, will nur eine neue Einnahmemöglichkeit für den Staat schaffen. Tatsächlich wird dann aber beim Fonds-, Riester- und Lebensversicherungssparer abkassiert.

Im Wahlkampf hatten selbst der bayerische Finanzminister Fahrenschon und der damalige CDU-Generalsekretär Pofalla zu den Vorschlägen der SPD für eine Börsenumsatzsteuer berechnet, dass "ein Riester-Sparer, der heute 30 000 Euro brutto verdient und den für die maximale staatliche Förderung notwendigen Betrag einzahle, damit in 20 Jahren um 4700 Euro gebracht werde" (Die Welt 18.09.2009 "Die Union entdeckt die "Steinmeier-Steuer""; Berliner Zeitung 18.09.2009 "Union rechnet der SPD versteckte Steuererhöhungen vor").

Die Finanztransaktionssteuer wäre auch schädlich für die Wirtschaft, denn sie würde die Eigenkapitalfinanzierung börsennotierter Unternehmen in dem Maße verteuern, in dem sie die Kapitalkosten erhöht. Finanzblasen lassen sich durch eine Steuer nicht verhindern. Dazu sind ein stabiles Geldwesen und eine effektive Bankenaufsicht notwendig. Eine international eingeführte Finanztransaktionssteuer ist somit aufgrund der zusätzlichen Belastungen abzulehnen.

Noch viel schlimmer wäre die Einführung einer Börsenumsatzsteuer nur in Deutschland, wie sie alternativ auch in der Online-Petition zur Finanztransaktionssteuer gefordert wird. Die Chancen für eine internationale Einigung über die Finanztransaktionssteuer sind gering, denn US-Finanzminister Geithner sagte dazu bei dem letzten G20-Finanzministertreffen: "Das ist nichts, zu dessen Unterstützung wir bereit wären." (Handelsblatt vom 9.11.2009 "Brown scheitert mit Finanzmarktsteuer"). Eine rein nationale Einführung hätte verheerende Folgen für den Finanzplatz Deutschland. So hat Schweden die Börsenumsatzsteuer 1984 eingeführt und dabei Einnahmen von 1500 Mio. Schwedischen Kronen erwartet, tatsächlich waren es nur 50 Mio. pro Jahr. Es gab nachteilige Auswirkungen für den Finanzplatz: Eine Woche nach Einführung der Steuer ging der Handel mit Bonds um 85 % zurück. Das Handelsvolumen von Futures und Optionen sank um 98 %. Zeitgleich mit der Ankündigung der Verdopplung der schwedischen Börsenumsatzsteuer im Jahr 1986 verlagerten sich 60 % des Handelsvolumens der elf am stärksten gehandelten schwedischen Werte, die insgesamt 50 % des gesamten Handelsvolumens ausmachten, nach London. Bis 1990 verschärfte sich dieser Trend und mehr als 50 % der schwedischen Titel wurden nur noch in London gehandelt. Die 100%ige Anhebung der Steuer zog einen Anstieg von 22 % der Einnahmen nach sich. Folgende Länder haben die Börsenumsatzsteuer abgeschafft: Dänemark, Deutschland (1991), Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweden und Spanien. In Großbritannien, auf das oft Bezug genommen wird, gibt es etliche Ausnahmen. Die Bundesregierung listet dazu "unter anderem" 15 Ausnahmen auf. Die Auflistung der Ausnahmen umfasst fasst eine ganze Seite. Die Quelle für diese Angaben ist die Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion aus der letzten Wahlperiode (BT-Drs. 16/12571 vom 3. April 2009).

In der Hoffnung, Ihre Fragen beantwortet zu haben verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Gudrun Kopp, MdB