Giyasettin Sayan
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Frage von petra p. •

Frage an Giyasettin Sayan von petra p. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

in teilen lichtenbergs, so auch in ihrem wahlkreis, gibt es u.a eine starke tendenz des schleichenden abbaus von teilen der infrastruktur sowie eine entmischung der bevölkerung (segregation), die die gefahr einer langsamen verslumung in sich birgt, wie sie seit jahren auch beobachtet werden kann. konkret gesagt: wer es sich leisten kann, verläßt diesen stadtbezirk.
lichtenberg hat zudem noch immer einen äußerst schlechten ruf, der nicht ausschließlich aus der nachwendezeit rührt, in der sich hier starke neonazistische/rechtsradikale gruppen ansiedelten, die durch die medien gingen. diese haben leider auch nach wie vor viel zulauf und einfluß im stadtbezirk. und sie bestimmen das image lichtenbergs in weiten bevölkerungsteilen berlins.
außerdem hat lichtenberg nach meiner auffassung die entwicklung, die berlin in den jahren seit der wende genommen hat, in vielerlei hinsicht verpaßt und führt gewissermaßen einen dornröschenschlaf. das merkt man spätestens dann, wenn in der auflistung von aktiven oder aktivitäten der stadtbezirk lichtenberg kaum oder gar nicht vertreten ist.
wie gedenken sie, diesen tendenzen entgegenzuwirken und dem stadtbezirk zu einem besseren image zu
verhelfen? was wollen sie tun, um das leben im stadtbezirk attraktiver zu machen, insbesondere auch für bevölkerungsschichten, die wirtschaftlich und sozial gesehen mittelfristig einen aufschwung bringen könnten? wie soll der stadtbezirk ein freundlicheres gesicht bekommen und damit z.b. auch junge und aktive menschen anziehen, die viel neues einbringen könnten?

Antwort von
DIE LINKE

Liebe Petra Purschke,

ich danke Ihnen sehr für Ihre ausführliche Anfrage, die zeigt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Lichtenberg stark und gut informiert engagieren: schon deshalb mache ich gern für diesen Bezirk Politik.

Sie schrieben es. Lichtenberg hat einen schlechten Ruf. Ich werde aber nicht müde zu betonen, dass dieser Ruf schlechter ist, als der Bezirk eigentlich verdient, ich meine, als es die Bewohnerinnen und Bewohner in dem Bezirk verdienen.
Zumindest innerhalb der Initiativen im Umfeld der Linkspartei.PDS und unter denjenigen, die sich an mich wenden, setzten sich auch viele genau mit den Problemen auseinander, die Sie ansprechen.

Ich trete für die Bürgerkommune ein: Ein Modell stärkerer Mitbestimmung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Hier können in einem engen Miteinander der Bürger/innen, Verwaltung und Politiker/innen zB das Problem des Abbaus der Infrastruktur, oder besser, die Wünsche nach einer besseren und bürgernahen Infrastruktur verhandelt werden. Da die Bürgerkommune auch die Diskussion um den Bürgerhaushalt integriert, wird dabei die Grundlage zur Realisierung von Vorhaben angesprochen: die Finanzen. Auch darüber sollen künftig noch viel stärker die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis und in Lichtenberg bestimmen können. Darüber hinaus soll der Bürgerhaushalt auch, und dafür habe ich mich seit längerem eingesetzt, den Bürgerhaushalt mit dem Instrument des Gender Budgets (geschlechtergerechten Haushalt) verbunden werden.

Wir haben bereits in den letzten Jahren damit begonnen. Dadurch soll sichergestellt sein, dass die Mittel zielgerichtet so wie die Mitbestimmung über die Vorhaben für die Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt werden. Lichtenberg ist übrigends seit 2002 in der Umsetzung des Gender Budgets wie auch des Bürger/innen/haushalts den anderen Bezirken um einiges voraus.

Sie sind selbst herzlich eingeladen, sich aktiv in den kommenden Jahren in diesem Rahmen zu beteiligen: helfen Sie mit, die Ihnen wichtigen Dinge zu steuern und zu entscheiden.

Was den Ruf Lichtenbergs angeht, besser, die Infrastruktur, so gibt es auch Zugewinne. Die Ansiedlung eines grossen Möbelhauses wird Arbeitsplätze bieten, wird Besucherinnen und Besucher in den Bezirk bringen und bedeutet eine Chance, im Umfeld der Ansiedlung für den Bezirk zu werben. Nicht umsonst hat sich das Unternehmen für den Standort in unserem Bezirk entschieden. Es ist ein zukünftig auch attraktiv erscheinender wirtschaftlicher Standort.

Ich selber habe mich seit langem gegenüber der Bezirksbürgermeisterin, der Verwaltung u.a. dafür stark gemacht, dass man mit einem anderen Pfund des Bezirks mehr wuchert. Die fünf Hochschulen könnten besser vernetzt werden. Sie machen den Bezirk attraktiv und das wäre noch zu steigern, wenn diese kleine Hochschullandschaft sich als Campus insgesamt besser darstellt. Wenn sich mehr Studentinnen und Studenten im Bezirk selbst niederlassen, würde das auch positive nichtuniversitäre Auswirkungen auf die Infrastruktur im Bezirk haben. Die jungen Menschen sind kreativ, bringen weiteren kleineren Unternehmen Einkommen und Aufträge, einige werden gründen, andere die kulturelle Szene und die politsche Szene beleben.

Es ist nicht unwichtig, dass in Lichtenberg auch etwa am Wasser (Strahlau Süd) viel neu gebaut wird, auch das bringt wiederum neue Infrastruktur und belebt den Bezirk.

Ich habe mich persönlich sehr für die Kultur im Bezirk eingesetzt. Das ist auch weiterhin in den nächsten Jahren sehr nötig. Die Kultur in Lichtenberg hat noch ein enormes Wachstumspotential. Auf Landesebene habe ich immer versucht, darauf hinzuweisen. Ich kann auch sagen, dass dies innerhalb Berlins, auch im Tourismus, bereits angekommen ist. Die kulturellen Angebote in Lichtenberg werden sehr lebhaft von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Ich konnte selbst mehrere Bürger/innen/initiativen unterstützen, die hier sehr aktiv für den Erhalt oder die Ausweitung der Kultur waren, so etwa für die Erhaltung des Theaters in Karlshorst, für ein Wandgemälde, oder für ein Kindertheater. Ausserdem habe ich angeregt, weitere Auschreibungen und Kulturprojekte ins Leben zu rufen, so einen ´Berg der Erinnerungen´ als Gegenstand und Ort der Auseinandersetzung um Geschichte und Zukunft des Bezirks. Das werde ich auch weiterhin unterstützen. Vor allem bin ich stets ansprechbar für die Bürgerinnen und Bürger. Manches muss im Bezirk gelöst werden. Manches kann ich aber auch im Rahmen der Landespolitik im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses voranbringen, da hier die Voraussetzungen für Infrakstruktur auch geschaffen werden.

Insgesamt ist das ´Verschwinden´ von Infrastruktur ein Problem von Politik und Finanzen in ganz Berlin und betrifft nicht allein Lichtenberg. Und ich gebe Ihnen Recht: in vielerlei Hinsicht hat es Folgen für die Menschen und die gesamten Bezirke, die bei kurzfristig bedachten Sparpolitiken einfach nicht mitbedacht werden. Dagegen stellt sich meine Politik und die meiner Partei, der Linkspartei.PDS. Wir fragen die Bürgerinnen und Bürger udn wollen sie mitentscheiden lassen. Wir setzen uns gegen den Abbau von gewünschter und notwendiger Infrastruktur in verschiedenen Bereichen ein und arbeiten für eine Infrastruktur der Qualität und Standortsicherung, nicht nur im wirtschaftlichen bereich, sondern auch was die soziale Qualität im Bezirk angeht, so dass die Menschen wegen der Lebensqualität auch gern im Bezirk leben.

So setze ich mich etwa auch im Ausschuss für Soziales und Gesundheit für ein intaktes Gesundheitswesen ein, in der Arbeitsmarktpolitik für eine Verbesserung in der Durchführung der sogenannten Hartzreformen für bessere Förderung von Frauen, von Migrantinnen und Migranten und Jugendlichen. Und auch das wird in Zukunft noch viel nötiger sein. So habe ich mich für ein gutes Geflecht der sozialen Beratungsstellen eingesetzt wie auch für eine Bildungspolitik, die allen Jugendlichen eine Chance gibt. Besonders eingetreten bin ich für die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, so dass die besonders diskriminierten Kinder mit Migrationshintergund auch Ausbildungsplätze erhalten. Ausserdem engagiere ich mich stark vor Ort für einzelne Initiativen der Kultur oder konkrete Vorhaben im Wohnumfeld, vor allem, wenn es für das friedliche Zusammenleben und für die allseitige Integration ist.

In der Arbeit als Ihr Direktkandidat im Abgeordnetenhaus kann die Rahmenbedingungen dafür verbessern. So habe ich viele Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch in Lichtenberg für ein Integrationskonzept für ganz Berlin mit einbringen können. Dieses Konzept konnte die Linkspartei.PDS in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Koalitionspartner verabschieden. In den kommenden Jahren kann auf der Grundlage vieles auch im Bezirk verändert werden. Die Spannungen und Probleme, die es wegen der bisher verpassten und vernachlässigten Integration gibt, können nun endlich offensiv und mit deutlichen Zielsetzungen versehen angegangen werden. Das wird manchen Konflikt entschärfen.

Im Übrigend schätze ich das Engagement der Lichtenberger/innen in dieser Frage sehr. Der überwiegende Teil derjenigen, die ich kennengelernt und gesprochen habe, sind an friedlichem aktiv gestalteten Zusammenleben, an einer kreativen Multikultur interessiert. Sie tun sehr viel dafür.

Die Neonazis, die rechtsradikale Szene in und um die Waitlingstrasse sind den meisten ein Dorn im Auge. Immerhin einigte sich der Bezirk auf einen Aktionsplan gegen Rassismus und ich habe seit vielen Jahren in meiner Mitarbeit in der Initiative gegen Rechtsradikalismus viele Aktionen mitmachen können, die den wenigen Rechtsradikalen wie der Öffentlichkeit deutlich gemacht haben, dass man für sie keine Toleranz noch Symphatie übrig hat.

Als Direktkandidat setze ich mich dafür ein, dass die Aktivitäten der Rechtsradikalen überprüft und unmittelbar strafrechtlich verfolgt werden, dass über ihre demokratie- und vor allem menschenfeindlichen Absichten gut aufgeklärt wird. Gerade im Gespräch mit den Anwohnerinnen und Anwohnern im Waitlingskiez ist deutlich, dass wir in diesen Strassenzügen eine deutliche Präsenz und Unterstützung der demokratischen Kräfte brauchen. Um diese zu zeigen komme nicht nur ich oft dorthin, sondern bringe auch nach dem Wahlkampf noch andere Politiker/innen mit, und versuche weiterhin eine Lösung im gesamten Senat zu finden. Am wichtigsten ist im Moment, dass an die rechten Parteien keine Stimmen verloren gehen.

Ich hoffe, ich habe Ihnen Ihre Fragen beantwortet. Sie wissen sicher auch: kurzfristig aus der hand geschüttelte Antworten und Lösungen gibt es nicht. Gerade in Lichtenberg wie in Berlin insgesamt stecken wir in einem langen Prozess der Entwicklung.

Unser Bezirk hat alle Potentiale dafür, sich zu verbessern. Ich jedenfalls sehe das freundliche, auch junge Gesicht des Bezirkes und bin zuversichtlich, dass wir durch die starke Mitbeteiligung in der Bevölkerung und ihre Liebe zum Frieden, zur Gerechtigkeit und zur Kultur den Bezirk weiterbringen können.

Ich möchte Sie ermutigen, Ihre eigenen Ideen und Wünsche für die Gestaltung des Bezirks einzubringen. Was Sie mir vortragen, werde ich gern in Bahnen der Umsetzung leiten.

Mit freundlichen Grüssen

Giyasettin Sayan (Linkspartei.PDS, Direktkandidat Wahlkreis V, Lichtenberg)