Frage an Georg Eisenreich von Christoph S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Kann es sein,
- dass ein begehrtes Siedlungsgebiet VOLL ist und eben nur dann noch Menschen dort neu siedeln können, wenn andere wegziehen?
- dass die Kapazitäten der Bauindustrie und der Baugenehmigungsbehörden trotz aller Anstrengungen eben begrenzt sind und bleiben?
- dass die Erschließung neuer Wohngebiete mittels Straßen, ÖPNV, Kitas, Schulen usw schwierig ist und langsam erfolgt und deswegen die Baulandpreise sehr hoch sind
- dass aus diesen Gründen es physikalisch unmöglich ist, allen Interessenten eine Wohnung im begehrten Gebiet anzubieten?
- dass Beteuerungen der Politik in der Vergangenheit zur Steigerung des Wohnungsbaus nicht hinreichend ausgeführt wurden und hieraus der Beweis erbracht ist, dass es eben nicht möglich ist?
Was halten Sie davon, Bestandsbewohner zu bitten, wegzuziehen und ggf. mit welchem Nachdruck? Was halten Sie davon, dass Freunde und Verwandte sich dabei zusammen-tun, um gemeinsam in ein billigeres Gebiet umzuziehen? Könnte der Staat dies vielleicht fördern? Verhält sich ein Rentner u.ä., der von München in die Oberfalz umzieht, Ihrer Meinung nach gemeinschaftsdienlich, weil er einem Fernpendler eine Wohnung nahe seiner Arbeit frei macht? Was halten Sie davon, Obdachlosen oder Insassen von Notunterkünften deutlich zu machen, dass sie nur fern des begehrten Gebietes eine Aussicht auf Wohnung haben ung ggf mit welchem Nachdruck? Kann es sein, dass Forderungen und Rechtsansprüche nach einer Wohnung in vollen Gebieten uneinbringlich sind, genauso wie man bei armen Leuten nicht pfänden kann? Hat ihrer Meinung nach jeder das Freiheitsrecht, auch in einem teuren begehrten Gebiet zu siedeln und den Sozialstaat mit den hohen Mehrkosten zu belasten oder könnte Art 11 Abs 2 GG als Begündung zu einem Verbot greifen: nicht "ausreichende Lebensgrundlage" oder weil "der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden" mit der Folge, dass vielen geboten wird, fern dieses Gebietes zu siedeln.
Sehr geehrter Herr Strebel,
vielen Dank für Ihre E-Mail zum Thema „Städtebau und Stadtentwicklung“, welche ich gerne beantworte.
Einleitend möchte ich festhalten, dass wir in einer freien Gesellschaft leben, in der die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden können, wo sie leben möchten.
Da ich Abgeordneter aus München bin, beschränke ich mich bei meinen weiteren Ausführungen auf die Stadt München. München ist für viele attraktiv und wird weiter wachsen. Ein Nachteil dieser Entwicklung ist, dass sich immer mehr Menschen München nicht (mehr) leisten können. Aus diesem Grund brauchen wir sowohl für Gering- und Normalverdiener als auch für Familien bezahlbaren Wohnraum. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen neue Wohnungen gebaut und bezahlbarer Wohnraum erhalten werden.
Neuer Wohnraum kann geschaffen werden, indem beispielsweise freie Flächen bebaut werden, ein Konzept für eine städtebaulich verträgliche Nachverdichtung erarbeitet wird sowie Genossenschafts- und Werkswohnungsbau gefördert werden. Zudem können leerstehende Industrie-, Gewerbe- und Büroflächen, soweit diese für die Errichtung von Wohnraum geeignet sind, umgewandelt werden. Wichtig ist, dass gleichzeitig mit dem Wohnungsbau auch die entsprechende verkehrliche und soziale Infrastruktur geschaffen wird.
In der zurückliegenden Legislaturperiode ist die Kappungsgrenze auf 15% reduziert worden. Eine weitere Maßnahme zum Schutz der Mieter ist die vom Bundestag beschlossene sog. Mietpreisbremse. In Städten wie München kann dadurch der Anstieg der Mieten gebremst werden.
Die Herausforderungen für Ballungsräume wie München werden aber auch in Zukunft groß bleiben.
Ich hoffe, dass ich mit diesen Informationen Ihre Fragen beantworten konnte. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Georg Eisenreich, MdL