Gabriele Katzmarek, MdB
Gabriele Katzmarek
SPD
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Frage von Pascal K. •

Frage an Gabriele Katzmarek von Pascal K. bezüglich Wirtschaft

Warum erhält die Automobilindustrie Coronahilfen? Nach der "Coronadelle" im April haben sich die Zulassungszahlen in den Monaten Juli bis Oktober auf den Werten der Vorjahre eingependelt (Quelle www.kba.de). Im Oktober haben Hersteller wie Audi, Opel(!!!), Fiat und Renault im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 20% zulegen können. Daimler hat im dritten Quartal 2020 im EBIT wie im Konzernergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 400 Millionen Euro zugelegt. Andere Branchen haben ebenfalls eine Umsatzdelle im April verkraften müssen, erhalten aber keine Unterstützung in dieser Form. Branchen die seit April noch immer massive Einbußen verzeichnen (Gastronomie, Tourismus, Veranstaltungen, Kultur, uvm.) hätten diese Mittel nötiger. Diese Maßnahme erscheint viel mehr als Subvention an Hersteller, die Schwierigkeiten damit haben, sich an die neue Nachfragesituation im Bereich Mobilität anzupassen. Warum streichen die deutschen Hersteller sämtliche (auch elektrisch betriebenen) Kleinstwagen aus dem Programm? Inwiefern ist diese Branche "angeschlagen" (Zitat Ihrer Parteikollegen Altmaier, Scheuer, Heil, Schulze, Scholz) im Vergleich zu anderen?

Gabriele Katzmarek, MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Klettenheimer,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ein Blick auf die Zahlen macht die Bedeutung der Automobil-Branche für die Wirtschaft in Deutschland deutlich: fast eine Million Arbeitsplätze bei Herstellern und Zulieferern, mehr als 400 Milliarden Euro Umsatz, die meisten Patentanmeldungen in Deutschland. Die Automobil-Branche ist eine Schlüsselindustrie. Das heißt: Sie ist der Türöffner für einen Großteil der Wertschöpfung in Deutschland. An ihr hängen viele Arbeitsplätze, viele Innovationen, viel Wohlstand. Die Größe der Branche macht sie sehr vielfältig. Aufgrund der geringen Fertigungstiefe der Hersteller kann die Zuliefererindustrie zurecht als Rückgrat der Branche bezeichnet werden.

Bei den Auto-Zulieferern Bosch, Schaeffler, ZF, Mahle, Eberspächer werden in den kommenden Jahren tausende Arbeitsplätze gestrichen werden. Auch Hersteller wie BMW und Daimler haben Stellenabbau angekündigt. Die Branche ist im Umbruch. Kaum jemand in Deutschland will von heute auf morgen auf sein Auto verzichten. Es ist eher die Frage nach der Antriebskraft, um die es derzeit geht. Es ist gesellschaftlich gewünscht und für den Klimaschutz dringend erforderlich, dass wir Verbrennungsmotoren nach und nach durch andere Antriebssysteme ersetzen. Man kann durchaus der Meinung sein, dass die Umstellung auf andere Antriebstechnologien als die Verbrennungsmotoren zu spät oder zu schwach erfolgte. Es bleibt eine Tatsache, dass es Aufgabe der Politik bleibt, den Beschäftigten in dieser schwierigen Zeit zu helfen. Ihnen eine Zukunft zu geben. Die SPD hat das frühzeitig erkannt und ist im Bundestagswahlkampf 2017 damit angetreten, ein „Arbeitslosengeld Q“ einzuführen. Unsere Idee ist, für die Dauer der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen soll mit dem Arbeitslosengeld Q das Einkommen der Beschäftigten zu sichern und ihnen dadurch Fortbildungen zu ermöglichen. Ziel ist es, durch Fortbildungen Beschäftigung zu sichern.

Seit 2017 konnten wir immerhin im Deutschen Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung beschließen. Es gilt seit dem 1. Januar 2019. Damit haben wir die Ansprüche der Versicherten auf Fortbildungen deutlich gestärkt. Außerdem hat das SPD-geführte Arbeitsministerium das sogenannte „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ vorgelegt. Mit dem Gesetz sollen die Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik weiterentwickelt werden, um die Menschen in Deutschland rechtzeitig auf die Arbeit von morgen vorbereiten zu können. Angesichts der Erkenntnis, dass in lebensbegleitendem Lernen und Weiterbildung der Schlüssel zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit im Strukturwandel liegt, sollen besonders die Möglichkeiten von Weiterbildung und Qualifizierung in besonderen Situationen weiter gestärkt werden.

Gleichzeitig ist es Aufgabe der Politik, eine wirtschaftspolitische Steuerungsfunktion zu übernehmen. Das heißt: Durch Regeln und Anreize gesellschaftliche erwünschte Entwicklungen zu fördern. Für die Automobil-Branche haben wir jüngst eine Reihe von Anreizen gesetzt, um neue, bessere Mobilität zu fördern und Beschäftigung zu sichern:

• Umweltbonus für E-Autos und Hybridfahrzeuge;
• Zukunftsfonds für industrie- und beschäftigungspolitische Projekte und Maßnahmen, die von besonderer Bedeutung für die Automobilbranche sowie verwandte Industrien sind;
• Bundesprogramm „Aufbau von Weiterbildungsverbünden“ und ein neues Programm für regionale Qualifizierungscluster;
• regionale Transformationsstrategien;
• Flottenerneuerungsprogramm für klimafreundlichen LKW-Verkehr;
• Neue Fahrzeuge von Feuerwehren, Nothilfen und Katastrophenschutz als Ersatz für alte;
• Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Daneben fördert der Bund zum Beispiel durch das Zentrale Innovationsprogramm für den Mittelstand (ZIM) viele verschiedene kreative und innovative Firmen in unterschiedlichen Branchen. Auch die Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) dient dem Ziel, den Wohlstand in Deutschland langfristig durch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zu sichern.

Sehr geehrter Herr Klettenheimer, Millionen Deutsche fahren täglich Auto. Individuelle Mobilität gehört seit 100 Jahren zum modernen Leben. Wir haben heute die Chance, die alte Technologie durch neue, saubere zu ersetzen. Das geht nicht von heute auf morgen. Und es verlangt von allen Engagement, auch finanzielles, und Zusammenarbeit.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Katzmarek

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