Frage an Gabriele Katzmarek von Katja H. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Katzmarek!
Als Mutter zweier Kinder mache ich mir große Sorgen um die mögliche Einführung der Masernimpfpflicht. Dazu habe ich folgende Fragen an Sie:
Droht mir und anderen Eltern der Entzug des Sorgerechtes, wenn wir unsere Kinder nicht, bzw. nicht mehr, impfen lassen?
Besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien?
Stimmt es, dass für die Masernimpfpflicht kein Einzelimpfstoff zur Verfügung gestellt wird und daher gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln geimpft werden muss, auch wenn der Impfling diese Krankheiten bereits durchgemacht hat?
Stimmt es, dass die als Komplikation von Masern gefürchtete SSPE Erkrankung auch gleichzeitig eine Komplikation der Masernimpfung darstellt?
Müssen wir Angst vor Zwangsmaßnahmen unserer Regierung haben, weil wir anderer Meinung sind?
Hat dies noch mit Demokratie zu tun oder steuern wir mit Zwangsmaßnahmen, die den menschlichen Körper betreffen, auf eine diktatorische Politik zu?
Bitte nehmen Sie sich die Zeit, mir eingehend zu antworten, ich danke Ihnen.
MFG Katja H.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 20. September 2019. Zunächst einmal vielen Dank für Ihr Interesse an diesem wichtigen Thema. Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion geht es bei diesem Thema um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Mit unseren bisherigen Bemühungen zur Steigerung der Impfbereitschaft haben wir Masern nicht eliminieren können.
Masern sind, wie Sie wissen, keine leichte Kinderkrankheit, sondern können zu schwerwiegenden Folgeinfektionen und sogar zum Tod führen. Deshalb dürfen wir eine Masernerkrankung nicht verharmlosen. Wer nicht geimpft ist, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen in seinem Umfeld. Personen die aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, sind auf eine hohe Durchimpfungsrate angewiesen.
Der Entwurf des Masernschutzgesetzes sieht auf keinen Fall den Entzug des Sorgerechts im Falle einer nicht vorhandenen Impfung vor. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kinder an Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Kindergärten, Heimen und Ferienlagern einen Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern aufweisen müssen. Kinder ohne Masern-Impfschutz sollen laut Entwurf künftig keine Kita besuchen dürfen. Bei Schulen sieht es anders aus, da dort die Schulpflicht gilt. Laut des Bundesgesundheitsministers können hier über die Gesundheitsämter Bußgelder von bis zu 2.500 Euro ausgesprochen werden.
In der Tat gibt es in Deutschland derzeit keinen zugelassenen Einfach-Impfstoff gegen Masern. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren damit auseinandersetzen müssen, was das für die beabsichtigte Masern-Impfpflicht bedeutet. Impfstoffe werden wie alle anderen Arzneimittel in Deutschland durch den jeweiligen Hersteller und nicht etwa den Bundesgesundheitsminister in den Verkehr gebracht. Es kommt also darauf an, ob und wann ein Hersteller die Zulassung für einen Einfach-Impfstoff gegen Masern bei der zuständigen Arzneimittelbehörde beantragt und erhält.
Die verfügbaren Kombinationsimpfstoffe sind wirksam und gut verträglich. Von 10.000 Geimpften entwickeln etwa 500 bis 1.500 allgemeine Beschwerden wie leichtes bis mäßiges Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei etwa 500 Geimpften entwickelt sich an der Einstichstelle in den ersten drei Tagen nach der Impfung eine Rötung oder Schwellung. Etwa 10 Tage nach einer MMR-Impfung bekommen 200 bis 500 von 10.000 Geimpften für wenige Tage einen masernähnlichen Hautausschlag, der auch „Impf-masern“ genannt wird. Dieser kann mit mäßigem Fieber einhergehen. Impfmasern sind nicht ansteckend.
Eine Verpflichtung zur Impfung ist ein Eingriff in die Grundrechte, dass wissen wir auch als Gesetzgeber. Allerdings sieht das Grundgesetz vor, dass in dieses Grundrecht eingegriffen werden darf. Die Anwendung einer Impfpflicht ist nicht nur eine freiwillige Aktion des Staates und liegt auch nicht alleine im politischen Ermessen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine sogenannte Schutzpflicht des Staates aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit entwickelt. Bei besonderen Gefahrenlagen – wie zum Beispiel durch lokale Masern-Epidemien – können entweder der Bund oder die Länder verfassungsrechtlich verpflichtet sein, die Impfpflicht durch eine Rechtsverordnung anzuordnen. Dies dient dem Schutz der Allgemeinheit und derer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Katzmarek, MdB