Frage an Gabriele Katzmarek von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Katzmarek,
bezogen auf Sondierungsgespräche Union-SPD meldet die Augsburger Allgemeine:
"Nach langem Hin und Her der Emissäre mussten Martin Schulz und Andrea Nahles schließlich doch zur Union kommen – ins Büro von Fraktionschef Volker Kauder im Jakob-Kaiser-Haus des Bundestags. Bis zuletzt blieben Ort und Zeit geheim, SPD-Chef Martin Schulz kam durch den Hintereingang, getwittert wurde nichts, hinterher gab es nur eine dürre schriftliche Erklärung..(...) In der kryptischen Erklärung heißt es lediglich, die Vertreter von CDU und CSU hätten "deutlich gemacht, dass sie gemeinsam mit der SPD Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen""
http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Das-Problem-der-SPD-mit-Martin-Schulz-id43555886.html
1. Was halten Sie von einer "stabilen Regierung" und was verstehen Sie darunter?
2. Die SPD hat m.E. versucht im Wahlkampf sich als deutlich unterscheidbare Alternative zur Union zu profilieren. Würden Sie diesen Eindruck unterstützen?
3.. Würde eine erneute große Koalition nicht einen Identitätsverlust sozialdemokratischer Politik bedeuten?
4. Landwirtschaftsminister Schmidt hat im Alleingang der Verwendung der umstrittenen Chemikalie Glyphosat auf Euro-Ebene zugestimmt, führt der CSU-Minister damit nicht die SPD vor?
5. Ohne amtierende neu gewählte Bundesregierung haben 504 von 709 Bundestagsabgeordneten dem von CDU/CSU, SPD und FDP eingereichten Antrag zur automatischen Anpassung der Abgeordnetendiäten zugestimmt.
https://www.abgeordnetenwatch.de/bundestag/abstimmungen/diaetenanpassung-der-abgeordneten-2017
Erweckt dieses parlamentarische Verhalten nicht den Eindruck, dass wenn es um den eigenen Vorteil geht, der Bundestag zu stabilen Mehrheiten kommen kann?
Sollten also solch stabile Mehrheiten in politisch wichtigen Entscheidungen nicht auch ohne große Koalition möglich sein?
Viele Grüße, T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
Sie haben an mehrere Mitglieder des Bundestages gleichlautenden Brief geschrieben. Lassen Sie mich zunächst erwähnen, dass Ihr zuständiger Wahlkreisabgeordneter Sascha Raabe ist, den Sie ebenfalls angeschrieben haben. Trotzdem will ich gerne auf Ihre Fragen antworten.
Zu 1.) Deutschland ist seit Jahrzehnten das wirtschaftlich stärkste Land Europas. Meiner Meinung nach brauchen wir eine stabile Regierung; denn ein handlungsfähiges Deutschland hat nicht nur im Inneren die Aufgabe für eine stabile Politik zu sorgen, sondern auch in Europa.
Zu 2.) Ja, wir als SPD haben eine andere Vorstellung von Politik als die CDU/CSU. Beispielhaft sei die Steuerpolitik und die Krankenversicherung genannt. Wir wollen kleine und mittlere Einkommen stärker entlasten und die Bürgerversicherung einführen, damit alle Menschen den gleichen Zugang zur medizinischen Versorgung haben. Das heißt, dass der Facharzt nicht nur Privatpatienten schnellstmöglich behandelt, sondern alle krankenversicherten Bürgerinnen und Bürger diese Dienstleitung in Anspruch nehmen können. Starke Einkommen tragen mehr als schwache.
Zu 3.) Das kann man generell nicht so sagen. Wenn die SPD es bei den Koalitionsverhandlungen schafft, sozialdemokratische Anliegen durchzusetzen, ist den Menschen in unserem Land sicherlich mehr geholfen, als in der Opposition Ideale zu vertreten..
Zu 4.) Der Alleingang von Minister Schmidt ist ein Affront. Sein Verhalten stieß nicht nur beim SPD-geführten Umweltministerium auf Kritik, sondern wurde auch von anderen Teilen der Bundesregierung scharf kritisiert. Den Einsatz von Glyphosat werden wir hierzulande so schwierig wie möglich machen. Die SPD-Bundestagsfraktion will den Gebrauch von Unkrautvernichtern, die den chemischen Wirkstoff Glyphosat enthalten, in der Bundesrepublik beenden. Wir fordern den Ausstieg aus glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln und wollen die Anwendung von Totalherbiziden generell in Haus- und Kleingärten, auf öffentlichen Flächen und innerhalb geschlossener Ortschaften sofort verbieten.
Zu 5.) Zu dem Umstand, dass im Deutschen Bundestag einer Diätenerhöhung mehrheitlich zugestimmt wurde kann ich Ihnen folgendes mitteilen, die Abgeordneten folgen strikt der Empfehlung einer unabhängigen Expertenkommission, deren Mitglieder aus den Bereichen Wirtschaft, Handwerk, Verwaltung und Wissenschaft kamen. Das externe Gremium hat ein Reglement entworfen, dem sich die Politik angeschlossen hat. So werden Abgeordnete bezahlt wie an Bundesgerichten, Besoldungsgruppe R6. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass „diejenigen, die Recht setzen (also die Abgeordneten), so bezahlt werden wie diejenigen, die das Recht auslegen (also die Bundesrichter). Im Zuge der Debatte sind verschiedene Vorwürfe in der Medien und den sozialen Netzwerken aufgetaucht. Eine meiner Meinung sehr gute erläuternde Einschätzung der häufigsten Vorwürfe hat die „Rheinpfalz“ in ihrer Online-Zeitung veröffentlicht (https://www.rheinpfalz.de/nachrichten/politik/artikel/das-gehalt-der-abgeordneten-und-die-maer-der-populisten/?utm_campaign=die-diten-der-abgeordneten-sind-_rheinpf&utm_customer=rheinpfalz&utm_medium=facebook&utm_source=opinary)
Sehr geehrter Herr S., ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hinreichend beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Katzmarek