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Gabriela Heinrich
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Frage von Katrin N. •

Warum schickt die SPD einen derart unbeliebten Kandidaten in den Wahlkampf und nicht einen weitaus beliebteren, jetzt wo es um so viel geht?

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Sehr geehrte Frau N.,

die letzten Jahre der Krisen von außerhalb – erst die Pandemie, dann der russische Angriff auf die Ukraine – haben mit all ihren Folgen für Deutschland Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen. Die deutsche Politik kann nicht verhindern, dass globale Krisen geschehen. Dennoch produzieren solche Krisen Verunsicherung und Unzufriedenheit – auch mit der deutschen Politik. Vor allem, wenn sie nicht sicherstellen kann, dass niemand hierzulande etwas von den Auswirkungen solcher Krisen (z.B. explodierende Energiekosten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine) spürt. Leider ist es nicht möglich, alle Krisenfolgen national vollständig abzufedern. Es ist deswegen kein Zufall, dass Krisenzeiten normalerweise Aufwind für Populisten bedeuten – also für diejenigen, die vermeintlich einfache und schnelle Lösungen versprechen. Krisen sind insofern ein Stresstest für die Demokratie, das erleben wir gerade in fast ganz Europa und auch in den USA. Die besondere Situation sieht man auch hieran: Es gibt laut der Wahlforschung derzeit parteiübergreifend keinen einzigen Spitzenkandidaten in Deutschland, mit dem mehr Menschen zufrieden als unzufrieden sind. Wäre Boris Pistorius SPD-Kanzlerkandidat geworden, hätte er wahrscheinlich – nach einer Nominierung – das gleiche Schicksal gehabt. 

Gerne möchte ich Ihnen aber noch sagen, warum ich Olaf Scholz für den richtigen Kanzler und damit auch für den richtigen Kanzlerkandidaten halte. 

  • Olaf Scholz hat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Begriff der Zeitenwende geprägt. Er hat unmittelbar zugunsten der Sicherheit unseres Landes gehandelt, indem er die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr ausbaut. Zugleich arbeitet er daran, die europäische Sicherheit zu verbessern. Seiner Initiative „European Sky Shield“ für eine europäische Luftabwehr haben sich schon 20 weitere Staaten angeschlossen.
  • Olaf Scholz steht für Verantwortung und Besonnenheit in Sachen Krieg und Frieden. Er hat Deutschland zum größten Unterstützer der Ukraine weltweit nach den USA gemacht. Wir übernehmen mit ihm Verantwortung, weil wir uns für eine friedliche Zukunft des Völkerrechts einsetzen. Letzteres besagt, dass der größere nicht einfach den kleineren Nachbarn überfallen darf. Würde die Welt wegschauen, dann würde das größere Nachbarn weltweit regelrecht dazu ermutigen, ebenfalls (weitere) kleinere Nachbarn zu überfallen. Die Welt würde kriegerischer werden und das Völkerrecht zum Recht des Stärkeren.
  • Er ist nach China gereist, um den chinesischen Einfluss auf Russland zu nutzen – Ergebnis war die gemeinsame Erklärung, dass Russland in der Ukraine keine Atomwaffen einsetzen soll. Da Russland stark von China abhängig ist, war diese Aufforderung von besonderem Gewicht. Andere Parteien, auch aus der Ampel-Koalition, hatten Olaf Scholz für die Reise kritisiert, weil China keine Demokratie ist. Diplomatie bedeutet aber, auch mit denen zu sprechen, die nicht alle unsere Werte teilen und gemeinsame Interessen zu finden, statt nach dem Trennenden zu suchen.
  • Der Bundeskanzler hat nicht nur global für ein friedliches Völkerrecht geworben, etwa gegenüber Indien und Brasilien, mit denen er auch neue Partnerschaften aufgebaut hat. Er war zudem in Bezug auf Russland stets besonnen, wo andere Leichtfertigkeit gefordert haben (und fordern). Er stellt sicher, dass Deutschland keine Kriegspartei wird. Deswegen ist er trotz erheblichen Drucks von Medien und anderen Parteien standhaft geblieben, der Ukraine keine Taurus-Marschflugkörper zu liefern, die bis nach Moskau reichen. Friedrich Merz und Robert Habeck wollen diese dagegen liefern und auf eine Kontrolle der Zielsteuerung offenbar verzichten. Letzteres könnte ernste Folgen haben, denn würden deutsche Marschflugkörper in Moskau einschlagen, bliebe das kaum ohne Antwort Russlands. Olaf Scholz ist besonnen, während Friedrich Merz der größten Atommacht der Welt ein Ultimatum stellen wollte.

Olaf Scholz ist aus meiner Sicht ein Bundeskanzler, der die Probleme des Landes entschieden angeht und nicht für den schnellen Applaus falsche Entscheidungen trifft. Deswegen hatte er sich nach dem russischen Angriff gegen ein Gas-Embargo ausgesprochen und wurde dafür vielfach kritisiert. Friedrich Merz wollte uns dagegen aus moralischen Gründen selbst den Gashahn zudrehen, obwohl es damals noch gar keinen Ersatz gab. Es ist insofern nicht selbstverständlich, dass niemand im Land frieren und keine Industrie abgeschaltet werden musste, nachdem uns dann Putin selbst den Gashahn zugedreht hatte. Auch bei den wirtschaftlichen Entwicklungen konnten wir zumindest Schlimmeres verhindern. Statt einer Stagnation (wie wir sie aktuell haben) hatten Experten nämlich bei einem russischen Gas-Stopp (oder einem Friedrich-Merz-Gas-Stopp) mit einem Wirtschaftseinbruch von bis zu 6 Prozent gerechnet. Durch das schnelle und besonnene Handeln des Bundeskanzlers konnte zumindest das vermieden werden. 

Wir sind mit Olaf Scholz viele Probleme angegangen. Trotz der Probleme haben wir in Deutschland jetzt Rekordbeschäftigung erreicht. Noch nie seit der Wiedervereinigung hatten so viele Menschen hierzulande einen Arbeitsplatz. Zugleich ist die Zahl der „Normalarbeitsverhältnisse“ gestiegen, also vor allem die „gute Arbeit“. Und zugleich gab es 2023 zum ersten Mal seit 2019 wieder einen Anstieg der Reallöhne. Aktuell steigen diese sogar deutlich. Das bedeutet, dass die Erwerbstätigen wieder real mehr Geld in der Tasche haben. Vom Himmel gefallen ist diese Entwicklung nicht: Die wesentlichen Gründe sind die von der SPD durchgesetzte Mindestlohnerhöhung, die von Olaf Scholz eingebrachte, steuerfreie Inflationsausgleichsprämie (die die Gewerkschaften dann in Tarifverhandlungen umgesetzt haben) und dass wir die Inflation wieder in den Griff bekommen haben (2024: 2,2 Prozent). 

Auch die Renten (2024: +4,57 Prozent) steigen jetzt wieder deutlich stärker als die Inflation. Ein Grund dafür ist, dass wir mit Olaf Scholz das Rentenniveau abgesichert hatten. Diese gesetzliche Sicherung läuft Mitte 2025 aber aus. Ohne eine solche Absicherung würden die Renten langsamer und geringer steigen. Deswegen geht es bei der Bundestagswahl auch um die Frage, ob das Rentenniveau mit Olaf Scholz weiter gesichert werden soll, oder ob die Rente mit einem Bundeskanzler Friedrich Merz künftig an Wert verlieren soll – auch zu Lasten derjenigen, die heute noch erwerbstätig sind. 

Nicht zuletzt: Ein Bundeskanzler sollte nicht mit einer Partei Mehrheiten im Bundestag suchen, die als rechtsextremistischer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz eingestuft ist. Schon gar nicht zweimal. Und erst recht nicht, wenn man – wie Herr Merz das getan hat – vorher versprochen hatte, das nicht zu tun. Ein Bundeskanzler braucht Verantwortungsbewusstsein. Und das hat Olaf Scholz.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriela Heinrich

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