Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD
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Frage von Thomas G. •

Ihre Gewissensentscheidung zur Impfpflicht kann in jedem Fall falsch sein. Wie gehen Sie mit ihrer möglichen Schuld um?

Sehr geehrte Frau Heinrich,

zur allgemeinen Impfpflicht soll es eine Abstimmung geben, in der Sie nur ihrem Gewissen gehorchen sollen. Ein Fraktionszwang soll ausdrücklich ausgeschlossen sein. Sie sind frei und sollen so auch entscheiden.
Wenn einer von den ca. 150.000 ungeimpften Nürnbergern an der verpflichteten Impfung stirbt, könnten Sie mit einer Stimme für Impfpflicht Schuld auf sich laden.
Genauso könnten Sie an einer Anzahl verstorbener Impfunwillingen Schuld sein, wenn Sie gegen die Impfpflicht stimmen.
Wie gehen Sie mit diesem Dilemma um?

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr. G.,

Sie bringen in der Tat ein schwerwiegendes Problem auf den Punkt. Jede Abstimmung, gerade im Bereich der Gesundheitspolitik, kann schwerwiegende Folgen haben. An die Entscheidung über eine Impfpflicht werde ich besonders sorgfältig herangehen, aber letztlich wie an jede Entscheidung: Ich werde mich so gut ich kann informieren. Und dann werde ich auf Basis der Fakten eine Entscheidung treffen, bei der das Allgemeinwohl im Mittelpunkt steht – und in diesem Fall speziell die Gesundheit. Hierzu wird es im Bundestag auch noch den Austausch mit Expertinnen und Experten sowie dem Ethikrat geben.

Nach allem, was ich bisher weiß, kann ich nur an alle appellieren, sich impfen zu lassen. Die Impfungen bieten nachgewiesenermaßen einen guten Schutz vor einem schweren Verlauf. Geimpfte stecken andere nicht so leicht an. Wer sich impft, schützt damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen. Wer sich impft, hilft dabei, dass wir baldmöglichst die aktuelle Infektionswelle hinter uns lassen können und trägt damit auch zu einer Entlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen bei. Letzteres ist auch deswegen wichtig, weil sowohl Geimpfte wie auch Ungeimpfte – zum Beispiel bei einem Schlaganfall oder einem Unfall – auf die Intensivmedizin angewiesen sind. Wenn die Intensivstationen durch vermeidbare Infektionen überlastet sind, lassen sich Patientinnen und Patienten vielleicht nicht mehr so behandeln, wie sie es bräuchten.

Es geht insofern zuallererst um eine eigenverantwortliche Entscheidung, das Richtige für sich selbst und für die Gemeinschaft zu tun. Zumal angesichts von weltweit bereits mehr als acht Milliarden verimpften Dosen selbst seltenste Impfnebenwirkungen entdeckt worden sind. Eine Impfung ist gegenüber einer Infektion das weitaus geringere Risiko für die Gesundheit. Gleichzeitig haben wir in Deutschland Institutionen – unter anderem die unabhängige Ständige Impfkommission und das Paul-Ehrlich-Institut – die die Sicherheit der Impfung kontrollieren, deren Risiko und Nutzen sorgsam abwägen und auch Nebenwirkungen erfassen. Das Risiko, mit einer Corona-Infektion zu versterben, ist weitaus höher, als im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung zu versterben. Auch das Risiko einer schweren Erkrankung ist im Falle einer Infektion massiv höher. Dabei gilt: Wer sich nicht impfen lässt, muss damit rechnen, sich früher oder später zu infizieren. Es geht also nicht alleine um die Frage „impfen oder nicht impfen“, sondern um die Frage „impfen oder infizieren“.

Mir ist insofern ein Anliegen, dass möglichst alle sich impfen lassen, die das können. Je schneller das passiert, desto eher können wir die aktuelle Infektionswelle mit der Delta-Variante hinter uns lassen. Desto weniger Menschen sterben und erkranken schwer. Und desto eher wird das Gesundheitssystem wieder entlastet – auch zugunsten der Menschen – geimpft und ungeimpft – die derzeit ihre Behandlungen aufgrund der aktuellen Überlastung verschieben müssen. Angesichts einer drohenden neuen Welle der neuen Omikron-Variante geht es nicht zuletzt darum, das Infektionsgeschehen rasch zu senken, um im Fall der Fälle eine bessere Ausgangslage zu haben.

Ich halte es deswegen für richtig, dass der Bundestag sich mit der Frage der Impfpflicht befassen wird. Wichtig ist mir dabei zu betonen: Wir alle tragen in dieser Pandemie eine Verantwortung für uns selbst und für andere Menschen – nicht nur die Politik. Das reicht von der nicht nur auf Halbmast getragenen Maske in der U-Bahn, dem Test vor der Familienfeier bis hin zum Abstandhalten in der Schlange oder der tatsächlichen Kontrolle des Impfnachweises im Restaurant. Je mehr wir alle zusammen diese Verantwortung auch übernehmen, desto besser kommen wir durch die Pandemie.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriela Heinrich 

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