Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD
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Frage von Martin Z. •

Frage an Gabriela Heinrich von Martin Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Warum ist gerade in der SPD die Bereitschaft, milliardenschwere Hilfspakete nach Grichenland zu verschleudern so hoch. Diese Milliarden müssen von den Bürgern der Bundesrepublik hart erarbeitet werden. In allen Diskussionen um Grichenland vermisse ich die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang, das der Politik anvertrauten Geldes. Steuerbetrug wird mittlerweile nachgegangen und auch bestraft. Steuerverschwendung selbst in Milliardenhöhe bleibt weiterhin straffrei. Warum? Jeder der noch klaren Verstand hat weiss, dass Grichenland keine Anstalten macht seine Missere zu verbessern. Warum auch? Da ist in keinster Weise Solidarität mit den anderen Staaten zu erkennen. Also warum der ganze Zirkus der Insolvenzverschleppung über Jahre? Mittlerweile sind doch die Schulden sowieso schon alle auf die Steuerzahler übertragen worden. Jetzt könnte man doch wirklich mal aufhören, oder? Alle Regeln gebrochen, ständig!! Was hier die EU aufführt, mit SPD-Unterstützung ist doch nur noch übles Schmierentheater und Volksverdummung. Sehen Sie das anders? Ich bin eigentlich überzeugter Europäer, aber die Instutition EU hat sich selbst disqualifiziert.
Über Ihr Statement würde ich mich freuen.

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ziegler,

ich kann gut verstehen, dass Sie sich um eine Überlastung der deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sorgen. Die griechische Regierung hat im Vorfeld der Beratungen für weitere Hilfe durch ihr Agieren auch nicht unbedingt Vertrauen gewonnen.

Ich teile nicht Ihre Einschätzung, dass es für die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vorteilhaft wäre, wenn man Griechenland sich selbst überlasst und keine weiteren Kredite an das Land vergibt, denn:

• Die von der Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode vergebenen Kredite an Griechenland wären bei einem „Grexit“ verloren. Erstmals ginge es nicht mehr nur um Kredite, sondern um Verluste. Es wird geschätzt, dass ein „Grexit“ die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler direkt rund 80 Milliarden Euro kosten würde. Wenn Griechenland dagegen wieder halbwegs wirtschaftlich auf die Füße kommt, kann das Land zumindest langfristig seine Kredite bedienen, so wie zum Beispiel Spanien und Portugal das machen.

• Die weiteren Kosten eines „Grexits“ sind unkalkulierbar. Es ist zum Beispiel nicht auszuschließen, dass dann Länder wieder in den Strudel gezogen würden, die bereits über den Berg zu sein scheinen, wie Spanien, Italien und Portugal bis hin zu Frankreich. Es gilt zudem zu bedenken: Die Pleite einer Bank in den USA (Lehman Brothers) hatte eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise losgetreten. Was die Pleite eines ganzes Bankensystems sowie eines Landes mitten in Europa auslösen würde, kann niemand sagen. Fest steht, dass infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise erhebliche Kosten auch für Deutschland anfielen, vom Bankenrettungsschirm bis hin zu Konjunkturpaketen.

• Neben rein finanziellen Folgen gilt zu bedenken: Ein Europa, das nicht mal die Probleme eines relativ kleinen Landes wie Griechenland lösen kann, würde weltweit an Ansehen und Einfluss verlieren. In Griechenland selbst würde die Staatspleite zu einer Spirale aus Verzweiflung, Armut und auch Hass führen. Aus einem solchen Gemisch entsteht in der Regel Radikalisierung, die im schlimmsten Fall bis hin zu Terrorismus und kriegerischen Konflikten führen kann. Die europäische Einigung hat Frieden nach Europa gebracht. Das, was für viele heute selbstverständlich ist, ist aber keineswegs gottgegeben.

Ihre Kritik an der EU teile ich nicht, schließlich hatte sie in Folge der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise unter anderem einen Untergang Spaniens, Irlands und Portugals verhindert. Hätte sie das nicht getan, wären erdbebengleiche Verwerfungen auf Deutschland zugekommen. Wir leben in einer Zeit, wo es keine Mauern in Europa gibt, wo die europäische Wirtschaft eng miteinander verwoben ist, genauso wie der europäische Finanzmarkt.

Wenn in Europa ein Land in die Krise stürzt, betrifft das immer auch Deutschland. Das wäre aber auch der Fall, wenn Deutschland nicht Mitglied der EU wäre. In der EU können die Mitglieder gemeinsam, koordiniert und mit vereinten Kräften auf solche Krisen reagieren. Einzelstaaten können das nicht.

Es stimmt nicht, dass Griechenland keine Anstalten macht, seine Misere zu verbessern. Es gab bereits eine Vielzahl von Kürzungen und Sparmaßnahmen und als deren Folge den Wahlerfolg der Syriza-Partei. Es stimmt aber, dass die bisherigen Bemühungen nicht ausreichen und es weiterhin enormen Reformbedarf in Griechenland gibt. Die Verknüpfung zwischen der Hilfe und Reformen halte ich insofern für richtig. Denn nur, wenn Griechenland wettbewerbsfähig wird und sich modernisiert, macht neue Hilfe Sinn.

Bei der bisherigen Abstimmung ging es nur um die Frage, ob überhaupt Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket mit neuen Krediten für Griechenland aufgenommen werden sollen. Da das griechische Parlament zuvor bereits die ersten Reformschritte verabschiedet hatte – so wie Europa das gefordert hatte – wäre eine Ablehnung der Aufnahme von Verhandlungen für mich nicht akzeptabel gewesen. Wir wären sonst genauso unzuverlässig und chaotisch gewesen, wie wir es Griechenland zuletzt immer vorgeworfen haben.

Der Bundestag wird jedoch vor einer Entscheidung über das dritte Hilfspaket genau prüfen, welche Zusagen und Verpflichtungen Griechenland bis dahin erfüllt hat. Eine Pleite darf nicht nur verzögert werden, sondern muss durch notwendige Strukturreformen in Griechenland dauerhaft ausgeschlossen werden. Um das sicherzustellen, muss die griechische Regierung vor der Verabschiedung eines dritten Hilfspakets in Vorleistung gehen.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriela Heinrich

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