Portraitbild eines bärtigen Mannes mit Brille.
Friedrich Jeschke
Volt
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Friedrich Jeschke zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sören P. •

Wieso sind sie dagegen, dass Bürgergeld-Empfänger zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden sollen?

Portraitbild eines bärtigen Mannes mit Brille.
Antwort von
Volt

Danke für Ihre Frage.

Die These „Wer Bürgergeld bekommt, soll zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden“ ist mir zu pauschal. Grundsätzlich finde ich es legitim, dass gesellschaftliche Unterstützung auch mit Eigenverantwortung verbunden ist. Doch nicht alle Menschen, die Bürgergeld beziehen, tun dies, weil sie nicht arbeiten wollen. Es gibt viele unterschiedliche Gründe: Einige erhalten Bürgergeld als Aufstockung, andere können aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten, und wieder andere dürfen es schlicht nicht.

Ein Beispiel: Oft wird kritisiert, dass geflüchtete Menschen aus der Ukraine Bürgergeld erhalten. Gleichzeitig erschwert man ihnen aber die Arbeitsaufnahme. Viele von ihnen sind hochqualifiziert – unter ihnen rund 1.500 Ärzt:innen, die in Deutschland nicht praktizieren dürfen, weil ihre Abschlüsse aufgrund bürokratischer Hürden nicht anerkannt werden. Statt Menschen zur gemeinnützigen Arbeit zu verpflichten, sollte der Staat alles dafür tun, ihnen den Weg in reguläre Beschäftigung zu erleichtern: durch schnellere Anerkennungsverfahren, bessere Weiterbildungsangebote und eine gezielte Unterstützung beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt.

Ich selbst habe 2011 für einige Zeit ALG 2 (Hartz IV) als Aufstockung erhalten – und ich wünsche das niemandem. Es ist eine belastende Situation, die mit Unsicherheit und finanziellen Sorgen einhergeht. Menschen in dieser Lage brauchen Unterstützung, keine Zwangsmaßnahmen.

Eine verpflichtende Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger:innen würde das Grundprinzip unserer sozialen Sicherung untergraben. Sie käme faktisch einer Zwangsarbeit gleich und würde Betroffene stigmatisieren, anstatt ihnen echte Perspektiven zu bieten. Dabei gibt es bereits viele Möglichkeiten, freiwilliges Engagement zu fördern – mit positiven Anreizen statt Druck. Wer sich während des Bürgergeldbezugs gemeinnützig engagiert, könnte dafür ein anerkanntes Zeugnis erhalten, das Türen öffnet.

Anstatt Menschen von oben herab zu verpflichten, sollten wir empathischer mit ihnen umgehen und sie aktiv auf dem Weg in den Arbeitsmarkt begleiten. Ja, es gibt Problemfälle – aber sie machen nur einen kleinen Prozentsatz aus. Die Mehrheit will arbeiten, kann es aber aus verschiedenen Gründen nicht. Unser Fokus sollte darauf liegen, ihnen echte Chancen zu geben, statt sie zu unbezahlter Arbeit zu zwingen.